Konfliktprophylaxe im Unternehmen

Circle of ConflictRichtiger müsste es eigenlich heißen „Konflikteskalationsprophylaxe“. Denn es kann nicht darum gehen, jeglichen Konflikt von vornherein zu verhindern. Unterschiedliche Meinungen, Wahrnehmungen, Sichtweisen und Erfahrungen sind als Konfliktpotenzial vorhanden und auch notwendig. Wie soll ein Unternehmen sich weiterentwickeln, wenn alle Mitarbeiter bis hinauf zur Unternehmensführung immer der gleichen Meinung sind. Das Unternehmen würde im wahrsten Sinne des Wortes erstarren, starr und unbeweglich werden.

Es ist daher eine Binsenweisheit, dass Konflikte erforderlich sind, damit Entwicklung stattfindet. Letztlich geht es aber darum, eine Konflikteskalation zu verhindern und die damit verbundene Abwärtsentwicklung.

Erste Voraussetzung ist die Entwicklung einer Konfliktkultur im Unternehmen. Das bedeutet, dass Konflikte erkannt und anerkannt werden und nicht aus Angst unter den Teppich gekehrt werden und dort so lange weiterschwelen, bis sie sich zu einem Flächenbrand entwickelt haben. Dies setzt voraus, dass unterschiedliche Meinungen anerkannt und ernst genommen werden. Wohin es führen kann, wenn Konflikte nicht angesprochen werden dürfen (oder vielleicht auch vermeintlich nicht angesprochen werden dürfen) erleben wir gerade beim VW-Konzern. Dort haben Ingenieure nicht gewagt, zu kommunizieren, dass die Versprechungen des Vorstands nicht eingehalten werden können. Man ist vor diesem Konflikt geflohen und hat lieber mit Tricks und Betrug gearbeitet.

Jede Meinung sollte ernst genommen werden und – ganz wichtig – nicht herabgewürdigt werden.

Am besten orientiert sich ein Unternehmen bei der Konfliktprophylaxe an dem „Circle of Conflict“ (hier habe ich bereits einmal darüber geschrieben). So kann man z.B. die Strukturen des Unternehmens möglichst konfliktfrei gestalten. Das könnte etwa bedeuten, Hierarchien abzubauen oder so auszugestalten, dass sie von den Mitarbeiter(inne)n akzeptiert sind. Wichtig zum Beispiel auch die Gestaltung des Kommunikationsflusses im Unternehmen. Uninformierte Mitarbeiter sind verunsichert und hieraus entwickeln sich eskalierende Konflikte. Es gibt sicherlich keine Universallösung, die man jedem Unternehmen überstülpen kann. Hier muss – ein erster Schritt zur Konfliktkultur – das gesamte Unternehmen einbezogen werden. Interessengegensätze zwischen Unternehmensbereichen (der Vertrieb hat völlig andere Interessen als die Produktion oder die Buchhaltung) müssen offengelegt und diskutiert werden.

Das ist sicherlich eine anspruchsvolle und zeitaufwendige Aufgabe. Mit einem TQM-gleichen Handbuch ist es sicherlich nicht getan. Hier muss das Bewusstsein aller Mitarbeiter und der Unternehmensführung geschärft bzw. verändert werden. Es lohnt sich aber, wenn man bedenkt, dass nach einer Studie der Wirtschaftskammer Wien ein gutes Konfliktmanagement zu Einsparungen von 19 % der Kosten führen kann.

Konfliktkosten, das unterschätzte Einsparpotenzial

mediationViele Unternehmen nehmen Konflikte als gottgegeben einfach hin. Konflikte treten eben auf. Geld in ein wirksames Konfliktmanagement zu stecken erscheint zu teuer. Konfliktkosten treten auch nicht direkt in den Kostenrechnungen und Bilanzen und auch nicht in den Berechnungen der Cotroller auf. Konfliktkosten werden nicht zur Kenntnis genommen.

Vielen Verantwortlichen in Unternehmen (und auch in Behörden) ist überhaupt nicht bewusst, dass hier ein erhebliches Einsparpotenzial für Unternehmen schlummert. Mit verhältnismäßig wenig Aufwand ließen sich Kosten sparen (und damit natürlich auch der Gewinn erhöhen).

Dabei gibt es mittlerweile genügend Möglichkeiten, Konfliktkosten zumindest annähernd zu ermitteln. Die Wirtschaftskammer Wien (ein Äquivalent zu Induwtrie- und Handelskammern) hat bereits vor mehreren Jahren eine Untersuchung vorgenommen. Deren Ergebnis war, dass ca. 19 % der Personalkosten durch Konflikte verursacht werden. Jedes Unternehmen kann einmal anhand der eigenen Personalkosten hochrechnen, wie hoch der Betrag ist, der hier verbrannt wird.

Bereits im Jahr 2009 hat die Unternehmensberatung KPMG eine Studie über Konfliktkosten durchgeführt und veröffentlicht. Es wurden hier drei Bereiche herausgearbeitet, in denen Konfliktkosten entstehen.

Das ist einmal der Bereich der beteiligten Personen. Konfliktkosten entstehen hier durch Mitarbeiterfluktuation, Krankheitszeiten und kontraproduktives Verhalten. Kosten der Mitarbeiterfluktuation lassen sich zum großen Teil auch direkt ermitteln, wie etwa Kosten der Personalsuche, Kosten der Einarbeitung etc.. Teilweise können die Kosten nur geschätzt werden. das gilt für die Kosten der Minderleistung des Mitarbeiters, der das Unternehmen verlassen will, aber auch der Verlust von Wissen, das der Mitarbeiter mit sich nimmt. Krankheitskosten wie Arztbesuche, Zeiten der Arbeitsunfähigkeit lassen sich wieder direkt ermitteln, ebenso die Kosten des Eingliederungsmanagements. Geschätzt werden können auch hier nur die Kosten der Minderleistung eines nicht voll leistungsfähigen Mitarbeiters. Kontraproduktives Verhalten kann sich einmal in direkter Sabotage äußern. Diese Kosten sind direkt messbar. Ein wegen eines Konflikts demotivierter Mitarbeiter ist aber nicht zur vollen Leistung bereit. Die jährlichen Gallup-Studien zur Mitarbeitermotivation sind ja allgemein bekannt und die Ergebnisse erschreckend.  Immerhin haben 15 % der Mitarbeiter durchschnittlich innerlich gekündigt und weitere 70 % haben nur eine geringe emotionale Bindung an das Unternehmen. Schätzen Sie einfach, wieviel Zeit die Mitarbeiter ohne bzw. mit wenig emotionaler Bindung an das Unternehmen mit Scheinarbeit vertrödeln. Auch muss mann Kontrolleinrichtungen wie Zeiterfassungssysteme (damit können Sie wenigstens erreichen, dass die Mitarbeiter die Zeit an ihrem Arbeitsplatz verbringen) und sonstge Kontrollmechanismen in die Kostenberechnung mit einbeziehen.

Im Bereich Team entstehen Kosten (bzw. entgehen Umsätze und Gewinne) durch Kunden- und Lieferantenfluktuation, Mängel in der Projektarbeit und entgangene Aufträge. Unmotivierte und mit Konflikten beschäftigte Mitarbeiter können dazu führen, dass Aufträge verloren gehen. Hierdurch entgeht Gewinn und es entstehen auch Kosten im Customer Relationship Management. Man muss eventuell dem Kunden entgegenkommen, um ihn zu halten. Hierzu zählen aber auch die nur zu schätzenden Schäden durch Imageverlust des Unternehmens oder der Marke. Dass Konflikte in Projektteams erhebliche Kosten verursachen können, die im Budget nicht vorgesehen sind, liegt auf der Hand, ebenso dass gescheiterte Projekte letztlich nur Kosten verursachen. Ebenso ist klar, dass erst überhaupt nciht akuirierte Aufträge einen Schaden verursachen, sei es durch entgangene Umsätze, fehlene Deckungsbeiträge oder Gewinne.

Schließlich bleibt noch der Bereich Organisation. Dort können Kosten entstehen durch Über- oder Unterregulierung, durch Anreiz- oder Motivationssysteme und arbeitsrechtliche Maßnahmen. Bei Über- bzw. Unterregulierung entstehen Kosten durch die Diskussion dieser Regelungen im Unternehmen auf allen Ebenen. Gleiches gilt für den Bereich der Anreizsysteme, die immer Gelegenheit für langwierige Auseinandersetzungen leifern. Demgegenüber sind die Kosten arbeitsrechtlicher Maßnahmen direkt messbar, wie z.B. die gezahlte Abfindung, Kosten der Rechtsberatung im Kündigungsprozess und vieles mehr.

Eine gute Hilfestellung für die Berechnung der Kosten eines Konflikts bietet das kostenlose Tool bei www.konfliktrechner.de. Man ist in aller Regel erstaunt, wie hoch die Kosten eines Konflikts sind. Auch KPMG hat in seiner Konfliktkostenstudie II Beispielkonflikte vorgestellt und deren Kosten ermittelt. Die Studie ist hier zum Download bereitgestellt.

Demgegenüber sind die Kosten des Konfliktmanagements in aller Regel geringer. Natürlich wird auch das beste Konfliktmanagement nicht dazu führen, dass es in einem Unternehmen keinerlei Konflikte mehr gibt. Konflikte sind notwendig, um ein Unternehmen weiterzuentwickeln und auf Veränderungsmöglichkeiten hinzuweisen. Dies sind die sogenannten funktionalen Konflikte im gegensatz zu den dysfunktionalen. Dabei muss man aber beachten, dass auch funktionale Konflikte in dysfunktionale umschlagen, wenn sie nicht angemessen bearbeitet werden.

Wie ein Konfliktmanagementsystem aussehen soll oder kann, hängt natürlich vom einzelnen Unternehmen ab. Das kann von externen Mediatoren bis zu betriebsinternen Mediatoren und Konfliktlotsen gehen. Welchen Aufwand man betreibt hängt von der Höhe der anfallenden Konfliktkosten ab. Es ist klar, dass es unwirtschaftlich ist, mehr Geld in ein Konfliktmanagementsystem zu stecken, als Konfliktkosten entstehen. Bedenkt man aber, dass nach der Studie der WK Wien 19 % der Personalkosten als Konfliktkosten zu gelten haben, bleibt je nach Anzahl der Mitarbeiter viel finanzieller Spielraum für ein Konfliktmanagement.

Konfliktkostenrechner

Das Bewusstsein vieler Firmen, dass Konflikte erhebliche Kosten verursachen, ist noch nicht allgemein verbreitet. Die Unternehmensberatung KPMG hat mit der ersten Konfliktkostenstudie erstmals ein theoretisches Gerüst für die Ermittlung von Konfliktkosten vorgestellt. Es ist klar, dass der deutschen Wirtschaft Milliarden durch Konflikte und deren Bearbeitung verloren gehen, vor allem, wenn man bedenkt, dass nach einer anderen Studie ein deutscher Arbeitnehmer durchschnittlich 3,3 Stunden pro Woche mit Konflikten beschäftigt ist.

Dr. Oliver Ahrens, ein Wirtschaftsmediator und Leiter bei Festo, hat nun im Internet einen Konfliktkostenrechner veröffentlicht, mit dem recht einfach unter Berücksichtigung der von KPMG ermittelten Konfliktkostenkategorien Konfliktkosten berechnet werden können.

Zunächst wählen Sie aus insgesamt 7 Konfliktkostenkategorien aus, welche Kategorie Sie bearbeiten wollen. In einem zweiten Schritt werden zu einzelnen Unterkategorien Daten abgefragt. Am Ende erhält man eine Zusammenstellung, die man auch als PDF-Datei herunterladen kann (Hier ein kleines Beispiel).

Dieser Konfliktkostenrechner ist ein schönes Werkzeug, um Unternehmen klar zu machen, wie schnell bereits ein kleiner Konflikt recht hohe Kosten verursachen kann und dass eine frühzeitige konstruktive Konfliktlösung auf jeden Fall Sinn macht und allemal billiger ist, als einen Konflikt unbearbeitet zu lassen.

Ein paar Mediatoren sind zu wenig!

Es reicht nicht aus, in einem Unternehmen ein paar Mitarbeiter als Mediatoren ausbilden zu lassen. Damit besteht zwar eine verbesserte Möglichkeit, Konflikte im Unternehmen zu lösen, ein Konfliktmanagementsystem ist das noch lange nicht.

Zur Einführung eines Konfliktmanagementsystem gehört notwendigerweise auch die Einführung einer Konfliktkultur im Unternehmen.  Konflikte im Unternehmen können nur dann bearbeitet und gelöst werden, wenn sie als solche auch wahrgenommen werden.  Konfliktkultur bedeutet zunächst, dass Konflikte von ihrem Negativ-Image befreit werden. Konflikte sind nie oder nur selten per se negativ. Konflikte helfen auch, ein Unternehmen voranzubringen, Unterschiede aufzuzeigen und neue Ideen einzubringen. Negativ wird ein Konflikt in aller Regel dadurch, dass er nicht oder falsch beigelegt wird und so eskaliert.

Das Herausholen des Konflikts aus der Schmuddel-Ecke ist kein Selbstzweck. Es geht darum, dass Konflikte möglichst frühzeitig einem Konfliktlösungssystem zugeführt wird. Dies geht nur, wenn er offen gelegt wird. Leider liegt es im menschlichen Normalverhalten, Konflikte nicht oder nur ungern zu benennen. Es ist daher notwendig, dass im Unternehmen alle Hindernisse, Konflikte zu benennen, ausgeräumt werden. Konflikte sollten entweder von den am Konflikt unmittelbar Beteiligten, mittelbar Betroffenen oder Zeugen des Konflikts benannt werden und dem Konfliktbearbeitungssystem des Unternehmens zugeführt werden. Dies bedeutet aber auch, dass im Unternehmen wirklich geklärt werden muss, welche negativen Auswirkungen es möglicherweise für Mitarbeiter hat, die Konflikte benennen. Es geht dabei vor allem und insbesondere um die informelle Ebene im Unternehmen.

Daher gehört es zur Schaffung einer Konfliktkultur, dass gerade die Führungskräfte im Umgang mit Konflikten geschult werden und auch deren Wahrnehmung von Konflikten geschärft wird.

Letztlich ist aber Konfliktkultur im Unternehmen nichts, das von oben diktiert wird (das gilt eigentlich für alle wie auch immer geartete „Kulturen“ im Unternehmen).  Eine Konfliktkultur muss auf allen Ebenen entwickelt werden, alle Mitarbeiter müssen lernen, dass Konflikte und das Benennen von Konflikten keine Nachteile mit sich bringen sondern begrüßt wird. Dies ist sicherlich ein Prozess, der in jedem Unternehmen anders durchgeführt werden muss. Es lohnt sich aber für Unternehmen, da sich die Einführung eines Konfliktmanagementsystems bezahlt macht. Nach einer Untersuchung der Wirtschaftskammer Wien können hierdurch ca. 19 % der Personalkosten eingespart werden. Ganz zu schweigen von den Vorteilen für das Unternehmensklima, mittlerweile ein Faktor, der beim Kampf um Fachpersonal durchaus einen Wettbewerbsvorteil darstellt.

Wir bieten ab Januar einen IHK-Zertifikatslehrgang „Mediatorin, Mediator im Unternehmen“ an, der den Anforderungen des Mediationsgesetzes genügt. Teil des Lehrgangs ist auch dem Projektmanagement zur Einführung eines Konfliktmanagementsystems gewidmet.

Wie Konflikte entstehen

Wenn man wissen will, wie man unnötige Konflikte vermeiden kann, muss man zunächst einmal wissen, wie Konflikte entstehen.

Konflikte hat Glasl, einer der bekanntesten Konfliktforscher, wie folgt definiert: Differenzen im Wahrnehmen, Denken, Vorstellen, Differenzen im Fühlen, Differenzen im Wollen führen zur Verhaltensweisen des einen Beteiligten, die vom anderen Beteiligten als Beeinträchtigung erlebt werden. Dies bedeutet, dass Differenzen zwischen zwei Beteiligten erst dann zum Konflikt eskalieren, wenn dies bei einem Beteiligten als Beeinträchtigung erlebt wird.

Demnach können Differenzen im Wahrnehmen, Denken, Vorstellen, Fühlen, Wollen zwischen zwei Personen vorhanden sein, ohne dass es hierdurch zu Konflikten kommt. Es handelt sich dann allenfalls um Meinungsverschiedenheiten, die sachlich und konfliktfrei ausdiskutiert werden können. Es muss demnach noch ein Verhalten des einen Konfliktbeteiligten dazutreten, das von dem anderen Konfliktbeteiligten als Beeinträchtigung erlebt wird.

Das Verhalten des anderen wird in der Regel dann als Beeinträchtigung erlebt, wenn es als Entwertung der eigenen Person wahrgenommen wird. Dies kann ausdrücklich durch Worte geschehen (Das ist doch alles Unsinn!) aber auch durch körpersprachliche Signale (Kopfschütteln, herablassendes Grinsen). Oft reicht es aber auch aus, dass man das Gefühl hat, der andere hört den gerade vorgebrachten Argumenten überhaupt nicht zu. Nun wird die Meinungsverschiedenheit zum emotional geladenen Konflikt.

Wenn dann einer der Konfliktbeteiligten versucht, seine Position mit Zwang durchzusetzen, eskaliert der Konflikt zum Machtkampf.

Wer sich dieses Entstehen eines Konflikts klargemacht hat, weiß dann auch, wie er die Eskalation einer Meinungsverschiedenheit zum Konflikt bzw. zum Machtkampf vermeiden kann. Wenn einer Meinungsverschiedenheit entsteht, sollte man möglichst vermeiden, den anderen als Person oder mit seiner Meinung herabzusetzen, auch nicht körpersprachlich. Und dies ist auch eines der Geheimnisse, warum Mediation funktioniert. Dort wird jeder der Konfliktparteien mit seiner Meinung ernst genommen und es wird ihm zugehört. Allein dies deeskaliert bereits den Konflikt.

Konfliktkostenstudie II – ein Plädoyer für Mediation im Unternehmen

2009 hatte die Unternehmensberatung die Konfliktkostenstudie I herausgebracht, die die theoretische Grundlage für die Messung von Konfliktkosten darstellte. Nun hat KPMG die Konfliktkostenstudie II herausgebracht. Diese Studie ist mehr praxisorientiert. In Beispielfällen wird die Höhe der entstandenen Konfliktkosten ermittelt und dargestellt. Es wird auch erklärt, wie durch ein rechtzeitiges Bearbeiten des Konflikts die Kosten wesentlich hätten reduziert werden können. Diese Konfliktkostenstudie ist wirklich interessant zu lesen, insbesondere die Beispiele aus der Praxis, die nicht nur große Unternehmen betreffen.

Letztlich stellt die Studie ein klares Plädoyer für betriebliches Konfliktmanagement und für Mediation dar. Ferner wird dem Leser der Studieln bewusst, dass das fühzeitige Erkennen von Konflikten im Unternehmen eine Notwendigkeit nicht allein für das Betriebsklima sondern vor allem auch unter Kostengesichtspunkten darstellt.

Letztlich sollten Unternehmen aller Größen an einer positiven Konfliktkultur arbeiten, die einmal beinhaltet, frühzeitig Anzeichen von Konflikten zu erkennen und ebenso frühzeitig in die Konfliktbearbeitung einzutreten. Nur so können Konfliktkosten in erheblichem Umfang vermieden werden.

Wir bieten daher in Zusammenarbeit mit der IHK Saarland und der Akademie für Fach- und Führungskräfte einen Lehrgang „Mediatorin, Mediator im Unternehmen (IHK)“ an. Die Absolventen dieses Lehrgangs erhalten ein IHK-Zertifikat. Zudem ist der Lehrgang den Anforderungen des Mediationsgesetzes angepasst (wenn auch die endgültigen Anforderungen noch einer Verordnung bedürfen, so sind die Inhalte im wesentlichen berits vom Rechtsausschuss des Bundestages in der Begründung des Mediationsgesetzes festgelegt worden). Diese von uns ausgebildeten Mediatoren erhalten auch das Handwerkszeug, ein Konfliktmanagementsystem im Unternehmen umszusetzen.

Ist der Konflikt gelöst?

Wann ist ein Konflikt gelöst? Wenn das Gericht ein Urteil verkündet hat (und es rechtskräftig wird? Wenn das Gericht die Parteien zum Vergleich nötigt? Wenn sich die Parteien geeinigt haben?

Viele Richter meinen, ein Vergleich ist dann gut, wenn beide Parteien unzufrieden damit sind (jedenfalls war mein Ausbilder beim Landgericht dieser Meinung). Konfliktlösung ist mehr. Sie bietet den Betroffenen Erleichterung und Vollständigkeit. Das heißt, sie müssen sich geistig nicht mehr mit dem Konflikt auseinandersetzen. Die einfachste Definition der Konfliktlösung habe ich hier gefunden: Ein Konflikt ist gelöst, wenn er nicht mehr vorhanden ist.

Nicht gelöst ist ein Konflikt, wenn Ärger oder Wut zurückbleiben oder die Beteiligten meinen, ein Urteil oder ein Vergleich sei nicht fair. Dann bleiben negative Gefühle zurück und beschäftigen die betroffene Person weiterhin.

Wichtig ist eine Konfliktlösung insbesondere dann, wenn die Beteiligten weiterhin in sozialem Kontakt leben (müssen). Erstrebenswert ist eine Konfliktlösung aber auch in allen anderen Fällen. Es ist kurzsichtig, sich um eine Konfliktlösung nicht zu bemühen. Bestes Beispiel sind das derzeit grassierende Abmahn(un)wesen. Es mag die beteiligten Kanzleien und Firmen nicht weiter stören, dass die Betroffenen mit den Ergebnissen alles andere als zufrieden sind. Auf lange Sicht (und ich denke, das ist bereits absehbar) wird sich die Mehrheit gegen ein solches Vorgehen wenden und werden (da die Betroffenen die größere Zahl an Wählern stellen) auch von der Politik gehört werden.

Was nutzt auch ein gewonnener Prozess, wenn man unzufriedene Kunden zurücklässt, die bekanntermaßen über ihre Unzufriedenheit weitaus häufiger mit anderen sprechen als zufriedene Kunden über ihre Zufriedenheit.

Wir sollten daher dorthin kommen, dass gerichtliche Entscheidungen nur noch dort eingefordert werden, wenn ein Konflikt schon so weit eskaliert ist, dass es eines hoheitlichen Eingriffs bedarf. Das setzt aber ein Umdenken bei den derzeitigen Konfliktmanagern (sprich Rechtsanwälten) voraus, die von ihrer Ausbildung her auf kontradiktorische Konfliktbearbeitung geeicht sind.

Nicht der Weg sondern das Ziel ist entscheidend

Anwälte, Richter, Mediatoren und viele mehr streiten darüber, was der (in ihren Augen oft einzig) richtige Weg zur Konfliktbeendigung (-lösung?) ist. Für die Beteiligten im Konflikt ist aber der Weg nicht das entscheidende (hier ist nicht der Weg das Ziel) sondern das Ergebnis.

Das Ergebnis sollte idealerweise die Lösung des Konflikts sein. Unter Konfliktlösung verstehe ich (und das ist wohl auch der Wunsch der Streitparteien), dass der Konflikt wirklich beendet ist und beide Parteien die Konfliktlösung, wie auch immer sie aussehen mag, wirklich akzeptieren und dass möglichst kein (Rest-) Konflikt weiter schwelt, der bei irgendeiner Gelegenheit wieder ausbrechen kann und die Beziehung der Parteien weiter untergräbt.

Wir kennen alle die unendlichen Nachbarschaftsstreitigkeiten, die von Streitobjekt zu Streitobjekt weitergehen, auch wenn zwischenzeitlich ein Anspruch entschieden wurde. Ebenso kennen Unternehmer, die auf die Pflege der Kundenbeziehungen achten, das Problem, dass selbst ein gegenüber einem Kunden gewonnener Prozess letztlich Schaden anrichtet.

Was also zeichnet eine (wirkliche) Konfliktlösung aus? Ein Konflikt kann dann als gelöst angesehen werden, wenn das Ergebnis des Lösungsvorgangs von beiden Parteien akzeptiert wird (nicht nur akzeptiert werden kann).

Das setzt einmal voraus, dass die Parteien über alle Einzelheiten des Konfliktthemas auch informiert sind. Es ist nicht zielführend, wenn eine Partei heute einen Kompromiss nur deshalb akzeptiert, weil ihr wichtige Informationen fehlen. Hier kommt die Reue, wenn die Informationen später erlangt werden.

Zum anderen sollte das Ergebnis der Konfliktbehandlung auf einem selbstbestimmten Weg erreicht werden. Ein Konfliktbeteiligter, der das Gefühl hat, dass ein Konflikt über seinen Kopf hinweg entschieden oder beendet wird, wird im Zweifel unzufrieden sein, auch wenn das Ergebnis für ihn eigentlich günstig ist.

Letztlich sollte das Ergebnis auch bei den Konfliktparteien reflektiert sein. Das bedeutet, dass die Parteien nicht nur an ihren Ansprüchen hängen sollten sondern auch einmal darüber nachdenken, welche Interessen bei ihnen wirklich dahinterstehen. Nur wenn das Ergebnis der Konfliktbearbeitung auch den wahren Interessen entspricht, wird eine Konfliktlösung erreicht sein. Typisches Beispiel sind hier wieder die berühmten Nachbarschaftsstreitigkeiten. Oft ist nicht der Rückschnitt der zu hohen Hecke das wirkliche Interesse der Beteiligten. Oder auch bei Trennungs- und Scheidungskonflikten geht es oft nicht wirklich um den gerichtlichen Streitgegenstand sondern um eine zumindest gefühlte Wiedergutmachung von (zumindest subjektiv erlittenen) Unrecht in der Partnerschaft. Wenn es nicht gelingt, diese Themen bei der Konfliktbearbeitung angemessen zu berücksichtigen, wird eine Entscheidung über den Streitgegenstand den Konflikt nicht lösen.

Es liegt auf der Hand, dass einvernehmliche Regelungen eher geeignet sind, eine Konfliktlösung herbeizuführen, als eine Entscheidung, sei es durch Gerichte oder Schiedsgerichte. Aber auch einvernehmliche Regelungen bieten nicht die Garantie für eine Konfliktlösung.

Konflikte erkennen

Gut, einen heißen bereits weitgehend eskalierten Konflikt zu erkennen ist nicht schwer, da wäre es schon schwerer, ihn nicht wahrzunehmen. Konfliktmanagement hat aber die Aufgabe, Konflikte nach Möglichkeit bereits frühzeitig wahrzunehmen und zu bearbeiten. Konflikte in einem frühen Stadium wahrzunehmen und zu erkennen ist oft nicht einfach.

In der Regel werden die Konfliktbeteiligten im frühen Stadium einer Auseinandersetzung auch noch der Meinung sein, den Konflikt selbst lösen zu können (was ja durchaus auch oft der Fall ist). Manche Konflikte bedürfen aber der Klärung durch unbeteiligte Dritte, da die Betroffenen selbst nicht in der Lage sind, den Streit konstruktiv zu lösen. Gerade im betrieblichen Kontext bedarf es oft eines feinen Gespürs, um Konflikte zu erkennen, bevor sie eskalieren.

Was sind also Anzeichen für entstehende bzw. noch nicht weit eskalierte Konflikte? Friedrich Glasl (Konfliktmanagement, Ein Handbuch für Führungskräfte und Berater) hat neun Eskalationsstufen eines Konflikts herausgearbeitet. Demnach wird die erste Eskalationsstufe durch eine eintretende Verhärtung der Standpunkte charakterisiert. Meinungen werden zu Standpunkten, die Beteiligten beharren auf ihren Ideen. Die Wahrnehmungen über die jeweilig andere Partei beginnen sich zu verzerren, die Unterschiede werden stärker wahrgenommen. Die Offenheit unter den Beteiligten schwindet. Die Beteiligten gehen gespannter miteinander um. Man bemerkt ein gewisses Unwohlsein im Umgang miteinander.

Die zweite Stufe überschreibt Glasl mit Polarisation und Debatte. Die Haltung der Beteiligten wird rigoroser. Das Gefühl von Konkurrenz wird stärker, wobei die Parteien, so Glasl, zu einer Mischung von kooperativen und kompetitiven Einstellungen kommt. Die eigene soziale Position wird mehr zum Gegenstand der Auseinandersetzung, während in der ersten Stufe noch das Ringen um die bessere Lösung im Vordergrund stand. Die andere Seite wird klischeehafter wahrgenommen. Zwischen den Parteien wächst das Misstrauen. Gespräche werden zu Debatten.

Während in den ersten beiden Stufen noch mit Worten die Auseinandersetzung geführt wird, treten nun Taten in den Vordergrund (Taten statt Worte). Es geht nun in erster Linie darum, die eigenen Absichten durchzusetzen und die andere Seite im Erreichen ihrer Ziele auszubremsen. Selbst ist man nicht bereit, nachzugeben, erwartet das aber von der anderen Seite aufgrund der Druckausübung. Die Gruppenbildung schreitet fort.

Nach Möglichkeit sollten bereits in diesen ersten drei von insgesamt neun Eskalationsstufen vom Konfliktmanagementsystem Möglichkeiten der Konfliktlösung geschaffen werden. Voraussetzung ist aber im betrieblichen Rahmen, dass die Sensibilität für Konflikte im frühen Stadium geschärft wird. Dies setzt zum einen voraus, dass die Führungskräfte Konflikte erkennen (können) und ihnen Mittel zur Konfliktlösung bereitgestellt werden. Zum anderen muss das Unternehmen eine Konfliktkultur pflegen. Dies beinhaltet auch, dass auftretende Konflikte nicht als etwas negatives angesehen werden, sondern zunächst einmal als Signal für das Bestreben aller, das Unternehmen voranzubringen.

Thema verfehlt

Die Saarbrücker Zeitung berichtet in ihrer Samstagsausgabe über hohe Personalfluktuation in den Winterberg-Kliniken in Saarbrücken. Es ist geradezu ein Musterbeispiel für fehlendes Konfliktmanagement in einem Unternehmen und es ist ein Musterbeispiel dafür, wie gekonnt und konsequent die Klinikleitung an den Bedürfnissen ihrer Mitarbeiter vorbei argumentiert. Traurig ist, dass die Redakteure der Saarbrücker Zeitung sich auf die Argumentation der klinikleitung ablenken lässt.

Aus dem Bericht ergibt sich, dass zumindest ein Mitarbeiter der Notfall-Intensivstation mit einem Papier an die Öffentlichkeit gegangen ist, in dem er offenbar mehrere Punkte bemängelt und Sorge über die Qualität der Patientenversorgung äußert. Bis ein Mitarbeiter einen solchen Schritt in die Öffentlichkeit wagt, muss schon einiges vorausgegangen sein (was genau, weiß ich nicht, da ich die Beteiligten nicht kenne). Man befindet sich aber mit Sicherheit bereits auf der 4. Stufe der 9-stufigen Konflikteskalationsskala nach Friedrich Glasl. Hier tut ein Konfliktmanagementsystem in der Klinik Not, das frühzeitig bei entstehenden Konflikten mit abgestuften Maßnahmen eingreift. Voraussetzung ist aber eine Konfliktkultur im Unternehmen. Gerade in Krankenhäusern mit streng hierarchischen Strukturen fehlt aber oft eine solche Konfliktkultur (Es gibt keine Konflikte!!?).

Erstaunlich ist aber auch, in welchem Maße die Argumentation der Mitarbeiter überhaupt nicht zur Kenntnis genommen wird und das Problem auf die Bezahlung der Pflegekräfte reduziert wird, obwohl die Bezahlung ganz offensichtlich in dem Papier der Mitarbeiter mit keinem Wort erwähnt wird. Offenbar ist es weder bei der Pflegedirektorin noch bei dem stellvertretenden ärztlichen Direktor ist es angekommen, dass eine Vielzahl von Untersuchungen klar zum Ausdruck gebracht haben, dass die Bezahlung bei der Zufriedenheit im Beruf eine untergeordnete Rolle spielen (siehe zuletzt die Untersuchung der Barmer-GEK in Zusammenarbeit mit der Bertelsmann-Stiftung gemäß Bericht der Saarbrücker Zeitung). Nach dem Index „Gute Arbeit“ des DGB liegt die Bezahlung als Kriterium sogar an letzter Stelle! Die Bezahlung spielt für Mitarbeiter in der Regel keine Rolle, wenn das Betriebsklima stimmt und man sich als Mitarbeiter wertgeschätzt fühlt. Das ist aber offensichtlich in der Klinik nicht der Fall. Anders ist es nicht zu erklären, dass die Frage der Belastung und des Betriebsklimas völlig übergangen wird und das Problem auf die Frage des Gehalts reduziert wird. Was muss eigentlich passieren, dass Mitarbeiter das Saarland verlassen und in die Schweiz gehen oder den hoch qualifizierten Beruf an den Nagel hängen, um als ungelernte Kraft bei einem Autozulieferer zu arbeiten, auch wenn man dort mehr verdient?

Traurig ist in der Tat, wenn dann auch der Redakteur Saeftel in seinem Kommentar das Problem auf die Frage der Entlohnung reduziert. Von Sachkenntnis ist hier offensichtlich wenig zu spüren.

Letztlich ist dieser Artikel für die Klinik ein Supergau für das Employer Branding (Neuhochdeutsch für den Ruf als Arbeitgeber). manch ein Interessent für eine Stelle in dem Klinikum wird es sich drei mal überlegen, ob er sich bei einem solchen Arbeitgeber bewirbt, der die Interessen seiner Mitarbeiter in einem solchen Maße missachtet.

Bedenkt die Klinikleitung eigentlich nicht, welche ganz erheblichen Kosten durch diese Art des (Nicht-) Konfliktmanagements der Klinik entstehen? Nicht nur die erheblichen Kosten der Ausschreibung, Neubesetzung der Stellen und Einarbeitung der neuen Pflegekräfte, sofern man die für eine solche Station qualifizierten Kräfte auf dem Arbeitsmarkt überhaupt findet. Konflikte binden Kräfte. Unzufriedenheit mit der Arbeit kosten der Wirtschaft jedes Jahr Milliarden durch fehlenden Einsatz der Mitarbeiter und Bindung von Arbeitskraft durch die Konflikte.Hier sei zum Beispiel auf die Konfliktkostenstudie der Unternehmensberatung KPMG verwiesen, die jeder Manager kennen und beherzigen sollte.

Bezeichnend ist, dass das Klinikum unser Angebot für einen IHK-Zertifikatslehrgang „Mediatorin, Mediator im Unternehmen“ als uninteressant abtat. Nötig hätte man ihn schon!