Manipulative Verhandlungsmethoden

Bewusst oder auch unbewusst werden von den Beteiligten in Verhandlungssituationen und in der Mediation immer wieder manipulative Techniken angewandt. Hierauf muss der Mediator oder bei einer moderierten Verhandlung der Mediator reagieren.

Die Manipulationstecniken beruhen im wesentlichen auf der Ausnutzung sozialer Verhaltensprogramme beim Verhandlungspartner. Fritjof Haft ( Verhandlung und Mediation: Die Alternative zum Rechtsstreit ) nennt hier vor allem die Programme „Harmonie“, „Gegenseitigkeit“, „Sympathie“, „Knappheit“, „Beständigkeit“ und „Kontrast“, wobei diese Programme zusammentreffen können und der Effekt hierdurch noch verstärkt wird.

Das Harmonieprogrramm lässt uns Konflikte vermeiden. Aus diesem Grund können wir schlecht „Nein“ sagen, wenn eine Bitte an uns gerichtet wird. In Basarsituationen wird dies ausgenutzt, dem potentiellen Käufer ein Angebot zu entlocken, nachdem der Verkäufer sein Angebot genannt hat. Andernfalls müsste man ja „Nein“ sagen.

Das Gegenseitigkeitsprogramm sagt uns, dass Geschenke zu erwidern sind. Dies nutzen Verhandler aus, indem sie Scheingeschenke verteilen, um dann echte Gegenleistungen zu erhalten. Typisch bei der Basarverhandlung: Erst wird ein völlig überhöhter Preis verlangt und dann ein Scheingeschenk gemacht, indem ein wenig nachgegeben wird. Der Kaufinterssent wird daraufhin sein Angebot erhöhen. Ähnlich funktioniert es auch, wenn erst um etwas überwältigend Großes gebeten wird, von dem klar ist, dass man es nicht bekommt. Nach der Ablehnung bittet man um ein angeblich kleines Zugeständnis, das der andere dann nicht ablehnen kann und wird.

Bei dem Sympathieprogramm bemühen sich die Manipulateure als Freunde ihrer Opfer zu erscheinen, da sympathische Leute es ja gut mit uns meinen. Wir alle kennen die Vertreter, die erst über alles andere mit uns sprechen, nur nicht über ihr Anliegen, um so eine Beziehung zu schaffen, die es unmöglich macht, ihre Bitten abzulehnen.

Das Knappheitsprogramm lehrt uns, dass knappe Güter wertvoll sind. Aus der Werbung ist uns bekannt, dass Angebote künstlich verknappt werden („Nur noch heute“).

Das Kontrastprogramm bewirkt, dass der erreichte Kompromiss an der (willkürlich überzogenen) Anfangsposition des anderen gemessen wird. Ein Ergebnis von 500 € erscheint bei einer Anfangsforderung von 1.500 € als angemessen, auch wenn das Ergebnis objektiv gemessen zu hoch ist. Tests haben daher ergeben, dass beim Basarverhandeln deshalb derjenige, der hoch anfängt zu verhandeln, ein besseres Ergebnis erzielt, als derjenige, der realitätsnäher zu verhandeln beginnt. Allerdings hat derjenige, der hoch pokert die Gefahr, nicht ernst genommen zu werden, sofort die Verhandlung zu sprengen oder zumindest sein Gesicht zu verlieren.

Das Beständigkeitsprogramm bewirkt, dass wir berechenbar sein wollen. Typischerweise wird dieses Programm dadurch ausgenutzt, dass ein geschickter Verhandler uns immer wieder Fragen stellt, die wir bejahen, bis er uns dort hat, wo er uns haben will. Das Programm korrespondiert eng mit dem Harmonieprogramm.

Weiter gibt es noch das Programm „Autorität“. Autoritäten sind immer glaubhaft. Alle Rechtsanwälte kennen das, dass ein Hinweis auf die herrschende Rechtsprechung (=alles Autoritäten) der eigenen Argumentation Nachdruck verleihen kann.

Wie geht ein Mediator/Moderator mit diesem manipulativen Verhalten eines Konflikt-/Verhandlungspartners um? Zunächst einmal wird er Metakommunikation hierüber betreiben, wenn er feststellt, dass ein Beteiligter manipulieren will. Zudem wird der Mediator/Moderator durch eine geeignete Strukturierung vermeiden, dass es überhaupt zur intuitiven (Basar-)Verhandlung kommt. Insbesondere wird er dafür sorgen, objektive Entscheidungskriterien zu beschaffen beziehungsweise eine Einigung über die objektiven Entscheidungskriterien herbeizuführen.

Moderation von Vertragsverhandlungen mit dem ZIAKA-Modell

Moderation von Vertragsverhandlungen hat das Ziel, die Verhandlungen zu strukturieren und zu einem einvernehmlichen Abschluss zu führen. Der Moderator als neutrale Person führt durch den Prozess der Vertragsverhandlungen.

Eine Möglichkeit, den Prozess der Entwicklung eines Vertragswerkes und der Verhandlung zwischen den am Vertrag Beteiligten und ihren Beratern zu strukturieren, ist das ZIAKA-Modell (Dr. Dietrich Buchner). Dieses Modell besteht aus 5 Schritten, die vom Moderator auch getrennt werden müssen:

Z – Zielfrage
I – Ideen und Lösungsansätze
A – Auswahl der Ideen und Lösungsansätze
K – Konzeptansätze entwickeln
A – Aktionsplan erstellen

Entwickelt wurde das Modell zur Problemlösung in moderierten Gruppen. Es lässt sich aber leicht auf die moderierte Vertragsverhandlung übertragen.

Z – Zielfrage
Auch bei Vertragsverhandlungen sollte am Anfang die Zielfrage gestellt werden. Nur so kann gemeinsam an dem Vertrag gearbeitet werden, ohne den anderen über den Tisch ziehen zu wollen. Entweder lässt sich ein gemeinsames Ziel herausarbeiten (z.B. bei Verträgen über eine berufliche Zusammenarbeit) oder aber die Ziele des einen Vertragspartners sind zumindest kongruent zu den Zielen des anderen Partners (z.B. bei Austauschverträgen). Hier kann und sollte auch herausgearbeitet werden, wo die Ziele des einen sich von den Zielen des anderen Verhandlungspartners unterscheiden (der eine will mit gutem Preis verkaufen und der andere möglichst preiswert einkaufen).

I – Ideenphase
In dieser Phase entwickeln die Verhandlungspartner Ideen, welche Punkte in dem Vertrag enthalten sein sollten oder könnten. An dieser Stelle werden noch keine Bewertungen vorgenommen. Die Punkte werden zunächst einmal in der Form eines Brainstormings notiert. Alle Ideen sind willkommen, je zahlreicher, desto besser.

A – Auswahlphase
Jetzt erst, nach Abschluss der Ideenphase, werden die einzelnen Punkte diskutiert und bewertet. Manche Ideen werden einvernehmlich verworfen werden, andere ebenso einvernehmlich akzeptiert. Die restlichen Punkte sollten dann in der

K – Konzeptphase
diskutiert, verändert, verworfen oder ausformuliert werden. Dies ist der entscheidende Punkt der Verhandlungen, an dem sich entscheidet, ob die Verhandlungspartner zu einer Einigung kommen können. Der Moderator sollte die verschiedenen Möglichkeiten der Verhandlung beherrschen, um die Parteien zu einer Einigung zu führen.

A – Aktionsphase
In dieser Phase werden dann noch die Formalitäten des weiteren Vorgehens geklärt, wer den Vertrag ausformuliert, wann und wo der Vertrag dann unterzeichnet wird und welche rechtlichen Formalien noch einzuhalten sind.

Die Erfahrung zeigt, dass diese Art des Strukturierten Vorgehens zu einer schnellen und zielgerichteten Einigung der Verhandlungsparteien führt. Dies nicht zuletzt deshalb, weil hier ähnlich wie bei dem Disney-Modell verschiedene Ressourcen der Verhandlungsbeteiligten jeweils im Vordergrund stehen ( Z – die visionäre Ressource, I – die kreativen Ressourcen, A – die Kritiker-Ressourcen, K – die kooperativen Ressourcen, A – die Macher-Ressourcen). Hierdurch werden die Ressourcen besser gebündelt, als bei einer Verhandlung, die von Punkt zu Punkt hin und her springt.

Literatur: Dietrich Buchner: Team-Coaching Gemeinsam zum Erfolg, (leider vergriffen und nicht neu aufgelegt)