Die Richter des Bundesgerichtshofes sollten eigentlich wissen, was Mediation ist

Manchmal kann man über Entscheidungen der obersten Zivilrichter auch nur den Kopf schütteln. Ein Mindestmaß an Kenntnis, was Mediation ist und welche Voraussetzungen für die Tätigkeit als Mediator vorliegen müssen, sollte man voraussetzen können. In einem Beschluss vom 11.07.2022 (Aktenzeichen NotZ(Brfg) 6/21) hat der Senat für Notarsachen entschieden, dass ein Notar nicht als „Notar & Mediator“ auftreten darf. Die Begründung hierfür lässt schon aufhorchen. Die Entscheidenden bei dem Senat für Notarsachen waren nämlich der Auffassung, Mediation gehöre völlig selbstverständlich zur üblichen Tätigkeit eines Notars.

Diese Entscheidung ist nur verständlich, wenn man keine Ahnung von der Tätigkeit eines Mediators hat. Zur Ausbildung zum Notar gehört Mediation schon einmal nicht. Zwar ist es richtig, dass ein Notar neutral ist und auch streitvermeidend tätig wird. Allerdings ist Mediation ein gesetzlich geregeltes Verfahren. In § 5 des Mediationsgesetzes ist geregelt, dass ein Mediator über eine Ausbildung verfügen sollte und die Mindeststandards dieser Ausbildung sind dort auch geregelt. Hierüber verfügt ein Notar, der sich nicht in Mediation weitergebildet hat, normalerweise nicht. Mediation ist eben nicht nur der Versuch, wie auch immer zu einer einvernehmlichen Regelung zu kommen. Mediation ist ein strukturiertes Verfahren und es geht um eine von Interessen getragene konsensuale Regelung. Demnach ist Mediation im Normalfall gerade nicht Teil der notariellen Tätigkeit. Allein die Tatsache, dass der Notar neutral ist wie ein Mediator reicht doch nicht aus, die Tätigkeiten gleichzusetzen.

Hier zeigt sich (wieder einmal) die Angst der Juristen vor einer nicht juristischen Konfliktlösung.

Konzept für die Seite „mediation.saarland“

Bereits vor längerer Zeit hatte ich mich um die Domain „mediation.saarland“ bemüht. Seitens der Domainvergabestelle wurde mir mitgeteilt, dass diese Domain für höhere Weihen vorgesehen sei. Vor mehr als einem Jahr habe ich mich dann an den damaligen Ministerpräsidenten Hans gewandt und ein Konzept für diese Domain unterbreitet:

Der Umgangston nicht nur in den Social Media ist in der letzten Zeit wesentlich rauer geworden. Bedrohungen und Beleidigungen sind an der Tagesordnung. Aber auch beim direkten zwischenmenschlichen Kommunizieren fehlen oft gegenseitiger Respekt und die Bereitschaft, auch von der eigenen abweichende Meinungen zu akzeptieren. Gerade dieses härtere Klima des Umgangs miteinander macht es dringend notwendig, Zeichen für eine friedliche Konfliktlösung zu setzen.

Die Domain „mediation.saarland“ wird von Seiten der nic.saarland, die die Domains vergibt, zurückgehalten. Sie soll nicht für Einzelunternehmen verwandt werden. Diese Domain sollte daher mit Leben gefüllt werden und von der Saarländischen Landesregierung genutzt werden, den Gedanken der Mediation als friedliche Methode der Konfliktlösung im Saarland zu verbreiten.

Leider ist die Mediation in den letzten Jahren aus dem Focus der Politik geraten. Sagte Prof. Dr. Hanns Prütting noch in seiner Festansprache zum 175jährigen Bestehen des Landgerichts Saarbrücken „Dies legt die Vermutung nahe, dass im Jahre 2035 vor dem LG Saarbrücken praktisch keine Streitentscheidungen in Zivilsachen mehr zu beobachten sein werden. Die allermeisten Verfahren werden sich auf eine konsensuale Weise erledigen“, so ist es auch in der Justiz stiller um das Thema Mediation geworden. Sucht man auf der Homepage der Landesregierung nach dem Stichwort Mediation, so finden sich in den letzten Jahren allenfalls Dokumente zur Mediation im Fremdsprachenunterricht.  Güterichterverfahren bei den Gerichten finden so gut wie nicht statt. Nach der Justizstatistik 2019 wurden vor den Amtsgerichten im Saarland gerade einmal 19 (von ca. 11.500) Verfahren durch Gütericher:innen erledigt, vor den Landgerichten 22 (von ca. 3.500). Ähnlich sieht es bei den Familiengerichten aus, in den Statistiken der Arbeitsgerichtsbarkeit taucht der Güterichter überhaupt nicht auf. Aber auch die in allen Verfahrensordnungen enthaltene Möglichkeit, eine Mediation anzuregen, wird so gut wie nicht genutzt. Das liegt oft daran, dass die Richter:innen wenig informiert sind, welche Fälle für eine Mediation geeignet sind. Auch wird seitens der Gerichte im Normalfall nicht gerügt, wenn in Klageschriften die in § 253 Abs. 3 Ziff. 1 ZPO geforderten Angaben, ob eine Mediation o.ä. versucht wurde, fehlt. Aufgrund dessen kann eine Entlastung der Gerichte durch außergerichtliche Konfliktbeilegung nicht herbeigeführt werden.

Die vom Land zu unterhaltende Seite „mediation.saarland“ könnte der sowohl bei der Justiz, aber auch in der Verwaltung und nicht zuletzt bei den Bürger:innen vorhandenen Unkenntnis der Möglichkeiten und Chancen der Mediation entgegenwirken und die Landesregierung hätte die Möglichkeit, sich in diesem Bereich ihr Profil zu stärken und eine Vorreiterrolle in Deutschland zu übernehmen.

Diese Domain sollte einmal Informationen zur Mediation und zum Güterichterverfahren enthalten. Außerdem könnte sie mit einer Datenbank der im Saarland tätigen Mediator:innen verknüpft werden.

Federführend könnte das Landesinstitut für präventives Handeln sein. Im ersten Schritt könnten die saarländischen Mediator:innen und die Güterichter:innen im Rahmen eines Workshops gemeinsam Zusammenstellen, welche Inhalte die Site mediation.saarland enthalten könnte und welche Voraussetzungen Mediator:innen für den Eintrag in die Datenbank mitbringen müssen. Im zweiten Schritt könnten dann kleinere Gruppen die entsprechenden Inhalte erarbeiten.

Es dauerte nur etwa 4 Wochen, bis ich von der Staatskanzlei folgende Antwort erhielt:

Sehr geehrter Herr Braune, vielen Dank für Ihre Anfrage zur Nutzung der Domain „mediation.saarland“. Wir werden Ihre Gedanken und Ihr Konzept gerne aufgreifen. Wie von Ihnen beschrieben, hat die Thematik nicht nur ressortübergreifenden Charakter, sondern betrifft verschiedene Ebenen, wie Justiz, Landesverwaltung und Bürger:innen‚ gleichermaßen. Ihr Vorschlag bedarf einer entsprechend übergreifenden Befassung und Abstimmung und wird daher etwas Zeit in Anspruch nehmen, die entsprechenden Stellen zu beteiligen. Wir möchten Sie daher um Verständnis bitten. Für Rückfragen stehen wir gerne zur Verfügung und halten Sie gerne auf dem Laufenden. Mit freundlichen Grüßen

Nach mehr als einem Jahr später habe ich mir erlaubt, bei der Staatskanzlei einmal nachzufragen, was denn jetzt aus der Sache geworden ist. Daraufhin erhielt ich folgende kryptische Antwort:

Sehr geehrter Herr Braune,

vielen Dank für Ihre Nachricht und die darin enthaltenen Anregungen für eine Nutzung der Top-Level-Domain „mediation.saarland“. Wir haben Ihren Vorschlag aufgegriffen. Die Domain „mediation.saarland“ bleibt daher reserviert und wird von Seiten der Landesregierung eingesetzt.

Freundliche Grüße

Meine weitere Rückfrage

Guten Tag Herr Nauhauser,

vielen Dank für Ihre Antwort. Inwiefern wurde mein Vorschlag aufgegriffen? Ich bin gern bereit, aufgrund meiner nun mehr als 25-jährigen Erfahrung als Mediator und Ausbilder von Mediator:innen bei der Gestaltung der Seiten mitzuwirken, zumal zumindest das Konzept ohnehin von mir stammt. Ich kann Ihnen auch eine große Zahl im Saarland tätiger Mediator:innen nennen. Bis heute ist die Domain nicht connectet. Immerhin ist seit meiner Vorlage weit mehr als ein Jahr vergangen, ohne dass sich erkennbar etwas geändert hat. Bis wann kann damit gerechnet werden, dass die Seite mediation.saarland erreichbar ist? Viele Grüße Gerfried Braune

wurde 8 Wochen lang nicht beantwortet. Erst auf meine nochmalige Nachfrage:

leider habe ich auf meine Mail vom 13.07.2022 bis heute von Ihnen keine Antwort erhalten. Sie hatten ursprünglich einmal angekündigt, mich auf dem Laufenden zu halten. Die saarländischen Mediator:innen haben schon Interesse, dass auch seitens der Landesregierung Interesse an Mediation gezeigt wird. Dies scheint auch unter der neuen Landesregierung nicht der Fall zu sein. Dies gilt um so mehr, als durch die Auflösung des LPH die Schulmediation in keiner Weise mehr gefördert wird. Zwei Lehrgänge für Lehrpersonen, die als Multiplikatoren Schüler ausbilden sollten und die bereits ausgebucht waren, wurden durch die kurzfristige Entscheidung, das LPH aufzulösen, gestrichen. Die Mediatorinnen des LPH sollen in ganz andere Aufgaben wechseln, obwohl die Landesregierung diese Mitarbeiterinnen zuvor zu Mediatorinnen bei uns hatte ausbilden lassen.

Ich wäre Ihnen daher dankbar, wenn Sie mich wirklich einmal informieren würden, wie der derzeitige Stand der Dinge ist und welches Interesse innerhalb der Landesregierung an Mediation besteht. Wenn gleichzeitig auf einer Veranstaltung des Richterbundes die Überlastung des Justizsystems bedauert wird, Möglichkeiten der Reduzierung der Belastung durch Mediation aber überhaupt nicht genutzt werden, so muss dies verwundern.

Da wir diese Fragen auch morgen (13.9.) auf dem Mediator:innenstammtisch besprechen wollen, wäre ich für eine kurzfristige Antwort dankbar.

Viele Grüße
Gerfried Braune

kam bereits zwei Tage später die Antwort, dass zu meinen Fragen bezüglich der Mediationswebseiten sich die fachlich zuständigen Kolleginnen und Kollegen des Justizministeriums melden würden und zum Thema LPH die dortigen Kolleginnen und Kollegen gebeten worden seien, mir zu antworten.

Tja und wenn sie nicht gestorben sind, so warten sie noch heute auf eine himmlische Eingebung bei der Landesregierung.