Die Sache mit den Vorschlägen

Immer wieder wird die Frage gestellt, ob der Mediator (oder natürlich auch die Mediatorin) im Verlauf einer Mediation eigene Lösungsvorschläge einbringen soll/kann/darf. Der amerikanische Mediator Martin Quinn aus San Francisco hat in einem Artikel auf Law.com doe Frage formuliert: Mediator’s Proposals: God’s Gift to Mediation or a Betrayal? (Vorschläge des Mediators: Geschenk des Himmels an die Mediation oder Verrat?). In den USA wird vielfach Mediation in der Art durchgeführt, dass es lediglich erst eine gemeinsame Sitzung (joint session) zwischen den Parteien gibt und dann in getrennten Sitzungen verhandelt wird, wobeid er Mediaotr zwischen den Parteien hin und her pendelt. Hier greift der Mediator oft durch eigene Vorschläge in die Verhandlung ein. Diese Art der Mediation ähnelt eher den Vergleichsverhandlungen vor Gericht als einer Mediation, wie wir sie bei uns vorfinden. Diese Art der Mediation in den USA hat sich entwickelt, als immer mehr Juristen die Mediation für sich entdeckt haben.

Auf einen wichtigen Punkt weist Arthur Trossen in dem Buch “Mediation (un)geregelt” hin: Je mehr der Mediator sich dahingehend drängen lässt, die Standpunkte der Parteien zu evaluieren, desto mehr ändert sich auch die Kommunikation. Bleibt der Mediator allparteilich neutral und enthält sich eigener Bewertungen und Vorschläge, macht es für die Medianden keinerlei Sinn, den Mediator von der Richtigkeit der eigenen Sichtweise überzeugen zu wollen. Die übliche konkurrenzbetonte Kommunikation der Parteien kann einem gegenseitigen Verstehen weichen. Dies setzt der Mediator aufs Spiel, wenn er zu sehr bewertend in die Verhandlungen und die Kommunkation zwischen den Parteien eingreift.

Dies bedeutet nicht, dass sich der Mediator jeglicher Vorschläge enthalten muss, wenn er das Gefühl hat, die Parteien sehen eine Lösungsmöglichkeit nicht, die dem Mediator ins Auge springt. Er sollte aber bei der Formulierung des Vorschlags vorsichtig sein, um nicht einen Einigungsdruck in Richtung dieses Vorschlags aufzubauen. Man kann z.B. so formulieren, dass andere Medianden in ähnlicher Situation auf diese oder jene Idee gekommen seien. Dies bietet sich auch an, wenn man als Mediator das Gefühl hat, ein Vorschlag wird aus Gründen reaktiver Aversion abgelehnt, will sagen, wird nur deshalb abgelehnt, weil er von der anderen Partei gemacht wird. Dann kann der Mediator diesen Vorschlag etwas anders formuliert nochmals einbringen.

Letztlich sollte es aber grundsätzlich dabei bleiben, dass ein Mediator sich enthält, eigene Vorschläge zu machen. Die Ergebnisoffenheit der Mediation beinhaltet auch, die Offenheit dahin, dass keine Vereinbarung am Ende herauskommt. Auch das muss ein Mediator aushalten können.