Nicht nur in Deutschland wird die zu geringe Anzahl an Mediationen bejammert. Nicht zuletzt in der Studie “Rebooting the mediation directive” für das EU-Parlament fordert ein verpflichtendes Mediations-Informationsgespräch mit der Möglichkeit, sich dann für oder gegen Mediation zu entscheiden, als Voraussetzung für ein gerichtlches Verfahren. Dies wird auch von den befragten Mediatorinnen und Mediatoren unterstützt.
Ob dies wirklich sinvoll ist, diskutiert ein Artikel von Constantin-Adi Gavrila auf dem Kluwer Mediation Blog unter dem Titel “Don’t rush“. Anhand der Erfahrungen einer verpflichtenden Mediation in Rumänien werden die Gefahren eines solchen Opt-Out Verfahrens dargestellt. Die Einführung eines verpflichtenden Mediations-Informationsgesprächs vor Einleitung eines Gerichtsverfahrens im Jahre 2013 hat zwar zunächst zu einem Boom in der Inanspruchnahme von Mediation geführt. Ein Fehler war, dass die Einführung in keiner Weise durch entsprechende Statistiken evaluiert wurde. Zudem sollte das Verfahren Kostenfrei sein. Es band aber Ressourcen bei den Mediatoren, die die Parteien zu dem Erstgespräch einladen mussten etc.. Das führte dazu, dass die Mediatoren dann doch für ihre Arbeit Kosten berechneten.
Um das Monopol der zugelassenen Mediatoren zu brechen wurde dann die Information über Mediation auch auf Juristen wie Richter, Notare und Rechtsanwälte übertragen, was dann dazu führte, dass mehr über juristische Fragen als über die Vorteile der Mediation gesprochen wurde.
Letztlich hob der Verfassungsgerichtshof das Gesetz über die verpflichtende Mediation auf, da sie den Zugang zum Gericht erschwerte. Die brachte der Mediation in der öffentlichen Meinung den Ruf ein, verfassungswidrig zu sein. Heute befindet sich Mediation in Rumänien im freien Fall. Sie wird kaum noch beansprucht.
Die Lehren aus dieser Geschichte? Die Einführung eines verpflichtenden Mediations-Informationsgesprächs sollte auf keinen Fall unbedacht und flächendeckend für alle Verfahren eingeführt werden (man bedenke auch bei uns die Erfahrungen mit der obligatorischen Schlichtung gem. § 15a EGZPO). Es ist auf keinen Fall das Allheilmittel, für das manche (viele?) Mediatorinnen und Mediatoren es halten. Es führt kein Weg darum herum, dass wir Mediator(inn)en weiter für die Inanspruchnahme der Mediation werben und dabei aufpassen, dass Mediation nicht als Feigenblatt für verfehlte Beteiligung der Bevölkerung bei öffentlichen Projekten missbraucht wird, wie es derzeit vielfach zu beobachten ist.
Wirklich gute Mediation wirkt im Stillen und ist leider nciht so medienwirksam.