Im September 2013 kaufte eine Schweizerin in dem bekannten Gestüt und Verkaufsstall Kasselmann das Dressurpferd Londontown S zum Schleuderpreis von 900.000 Euro. Doch so recht glücklich wurde sie mit dem Pferd, mit dem sie auf Grand Prix Ebene reiten wollte, offenbar nicht. Jedenfalls hat sie nun den Verkaufsstall auf Rückzahlung des Kaufpreises und Ersatz ihrer Aufwendungen verklagt sowie den Tierarzt, der die Ankaufsuntersuchung durchgeführt hatte, auf Schadensersatz. Das teure Dressurpferd lahmt vorn rechts. Angeblich war hier bei der Ankaufsuntersuchung bereits eine Schwellung vorhanden, die der Tierarzt als Galle abgetan, die keine gesundheitliche Beeinträchtigung darstelle.
Letztlich geht der Streit darum, ob der Mangel, der letztlich zur Lahmheit führte, bei Kaufvertragsabschluss bereits vorhanden war. Nur dann hat ein Anspruch auf Mängelgewährleistung Aussicht auf Erfolg. Die Osnabrücker Zeitung berichtete hier und hier von dem Prozess. Auch die Reiterrevue berichtete bereits hier darüber.
Offenbar waren die Prozessparteien nicht bereit, sich gütlich zu einigen und auch ein versuchtes Mediationsverfahren ist bereits gescheitert. Nun soll eine Gutachterin von der Stiftung der Tierärztlichen Hochschule Hannover herausfinden, ob der Mangel bei Übergabe des Pferdes bereits vorhanden war (sicher ist wohl, dass das Pferd damals noch nicht gelahmt hat).
Ob die Parteien dieses Prozesses so gut beraten sind, die Mediation scheitern zu lassen, wage ich zu bezweifeln. Denn glücklich mit einer gerichtlichen Entscheidung wird keine der Parteien sein – gleichgültig wie die Entscheidung ausfällt.
Der Hof Kasselmann hat bereits jetzt einen erheblichen Imageschaden, der auch dann bestehen bleibt, wenn das Gericht zur Auffassung kommt, dass der Mangel bei Abschluss des Kaufvertrages nicht vorhanden war oder dies zumindest nicht nachzuweisen ist. Etwas bleibt immer hängen, zumal der Rechtsstreit unter Reiterkreisen bereits die Runde gemacht hat. Bekanntlich werden auch negative Erfahrungen weitaus häufiger geteilt, als positive.
Die Käuferin wird letztlich mit dem Ergebnis wohl auch nicht wirklich zufrieden sein. Wenn sie verliert, was meines Erachtens wahrscheinlicher ist, hat sie nicht nur ein lahmendes sehr teures Pferd, sie kann auch keine Turniere reiten. Immerhin – deshalb meine Einschätzung – ist sie mit dem Pferd noch im April 2014, also mehr als ein halbes Jahr nach dem Kauf, mit dem Pferd auf zwei Turnieren in der Schweiz gestartet. Hier wäre es für sie doch sinnvoll, einmal das Prozessrisiko genau zu klären. Aber auch bei einem für sie positiven Prozessausgang bleibt sie auf ihren Kosten des Schweizer Anwalts sitzen, der sie ja sicherlich vorgerichtlich vertreten hat. Außerdem hat sie dann immer noch kein adäquates Turnierpferd.
Letztlich wird es auch teuer. Bei einem Streitwert von 900.000 EUR fallen immerhin Gerichts- und Anwaltskosten von ca. 40.000 EUR netto an. Hierzu kommen noch die Gutachterkosten. Im Falle eines Mediationsverfahrens wären allenfalls Anwaltskosten von jeweils ca. 12.000 EUR entstanden (sofern nicht nach Stundenhonorar abgerechnet worden wäre, was dann wesentlich preiswerter wäre). Die Kosten des Mediationsverfahrens hätten sich auf allenfalls ca. 2.000 bis 4.000 EUR (je nach Stundensatz des Mediators).
Gerade beim Pferdekauf ist es immer wieder schwierig, das Vorhandensein eines Mangels des Pferdes bei Gefahrübergang nachzuweisen. Dies gilt um so mehr, als – zumindest bei hochwertigen Pferden – eine Ankaufsuntersuchung die Regel ist. Auch wird ein Tierarzt, der eine solche Ankaufsuntersuchung vornimmt, bei einem hohen Kaufpreis sehr genau prüfen, um sich nicht einer Haftung auszusetzen. Dies führt letztlich fast immer zu einem hohen Prozessrisiko beim Käufer. Auf der anderen Seite sollte auch der Verkäufer Interesse daran haben, zu einer gütlichen Einigung zu kommen, da ein Restrisiko immer verbleibt und zumindest ein Imageschaden zurückbleibt, zumal die Branche der Pferdehändler schon von Alters her mit ihrem Image kämpft. Demnach sollte man in einem solchen Fall eine Mediation ernsthaft versuchen.