In Italien wurde bereits vor mehreren Jahren in bestimmten Bereichen ein verpflichtendes Erstgespräch beim Mediator vorgeschrieben, bevor eine Klage eingereicht werden kann. Es gibt drei Zugänge zur Mediation:
- Durch freiwillige Vereinbarung oder durch eine vertragliche Mediationsklausel
- Verweisung an die Mediation durch einen Richter
- freiwillige Teilnahme an einer Mediation nach einem verpflichtenden Einführungsgespräch beim Mediator bei bestimmten Streitgegenständen.
Bei Streitigkeiten wie u.a. Miet-, Leih- und Pachtverträgen, Finanz- und Bankverträgen, Schadensersatz bei Arzthaftung, Miteigentum an Immobilien, Übergabe von Familienunternehmen ist vorgeschrieben, dass erst ein Einführungsgespräch beim Mediator wahrgenommen werden muss. Hierfür gibt es spezielle Mediationsbüros. Dieses erste Mediationsgespräch muss binnen 30 Tagen nach dem Antrag im Beisein eines akkreditierten Mediators und eines Anwalts stattfinden. Die Kosten für dieses erste Gespräch sind überschaubar, 40 € bei einem Streitwert bis 250.000 € und darüber 80 €. Falls eine Partei an dem Erstgespräch nicht teilnimmt, wird sie im Gwerichtsverfahren durch den Ri chter sanktioniert. Wenn eine Partei während dieser Einführungssitzung sich eine Partei entscheidet, die Mediation nicht durchzuführen, bleibt dies ohne Folgen.
Vier Jahre nach Einführung dieses obligatorischen Erstgesprächs sind ca. 200.000 Fälle in die Mediation gegangen., davon 20.000 durch freiwillige Vereinbarung oder eine vertragliche Mediationsklausel mit einer Erfolgsrate von 60 %.
Von Richtern wurden lediglich 1.900 Mediationsfälle initiiert. Aber in ca. 180.000 Fällen konnten die Mediatoren die Parteien überzeugen, eine Mediation durchzuführen, nachdem sie in dem obligatorischen Erstgespräch vor ihnen saßen. In den Bereichen, in denen es das obligatorische Erstgespräch zwingend gibt, wurden mehr Fälle durch Mediation als durch Gerichte gelöst. Natürlich ging die Anzahl der Gerichtsverfahren in diesen Bereichen zurück.
Es zeigt sich daher, dass das Vorgehen Italiens richtig ist, wenn man wirklich die Mediation stärken will und die Gerichtsverfahren verringern will, ohne den Zugang zu den Gerichten wirklich zu erschweren. Bereits 2014 hatte sich der Rechtsausschuss des Europäischen Parlaments mit einer Untersuchung mit dem Titel: ‚Neustart‘ der Mediationsrichtlinie: Überprüfung der begrenzten Auswirkung ihrer Einführung und Vorschläge von Maßnahmen zur Steigerung der Zahl der Mediationen in der EU befasst die von der Abteilung C (Bürgerrechte und Verfassungsangelegenheiten) der Generaldirektion Interne Politikbereiche der Union in Auftrag gegeben wurde. Bereits in diesem Bericht war vorgeschlagen worden, ein verpflichtendes Erstgespräch einzuführen mit der Möglichkeit der Parteien, dann Mediation durchzuführen oder folgenlos abzulehnen. (Siehe mein Artikel hier)
Vielleicht sollte sich das Justizministerium einmal Gedanken darüber machen, ob dieses Modell nicht auch bei uns sinnvoll wäre, zumal damit auch der chronischen Überlastung der Gerichte (?) entgegengewirkt werden könnte.