Mediation ist offensichtlich nicht gerade ein Lieblingskind der Anwälte. Prozessieren liegt ihnen mehr, das haben sie gelernt und üben es jeden Tag aus. Offensichtlich ist auch unter den Anwälten nur wenig bekannt, was in einer Mediation auf sie zukommt und wie sie sich zusammen mit dem Mandanten hierauf vorbereiten können.
Das erste wäre, sich einmal näher mit Mediation beschäftigen. Mediation ist etwas anderes, als vor Gericht über Vergleiche zu verhandeln. Der Mediator hat keinerlei Entscheidungsbefugnis. Es ist daher völlig sinnlos, den Mediator von der eigenen Position überzeugen zu wollen. In der Mediation ist es angebracht, die andere Konfliktpartei zu überzeugen. Hierbei sind geschliffene Plädoyers eher fehl am Platz. Vielmehr muss man es als gemeinsame Aufgabe auffassen, zu einer gemeinsamen von beiden Parteien getragenen Lösung zu kommen. Damit ist die Rolle des Anwalts in der Mediation eine völlig andere als im Gerichtsprozess.
An zweiter Stelle sollte sich der Anwalt gemeinsam mit seinem Mandanten intensiv auf eine Mediation vorbereiten. Zunächst sollten beide klären, was denn das eigentliche Anliegen des Mandanten ist – nein, meistens ist es eben nicht der Anspruch, der in einer Klageschrift formuliert würde. Anwälte müssen normalerweise die Wünsche des Mandanten in einen vollstreckungsfähigen justziablen Antrag umformulieren. In einer Mediation ist das eher kontraproduktiv (zumindest vor dem Verfassen der Abschlussvereinbarung). Es sollten bereits im Vorfeld der Mediation Einigungsoptionen gesucht werden und vor allem ist es notwendig, die Nichteinigungsalternative (BATNA Best Alternative to the negotiated Agreement) ganz konkret zu formulieren. Dies ist oft nicht einfach und es bedarf oft Nachforschungen, welche Alternativen für den Fall des Scheiterns der Mediation bestehen.
Insbesondere bedarf es einer Prozessrisikoanalyse und der Ermittlung des Wahrscheinlichkeitswertes eines Prozesses. Hier sei das Buch von Jörg Risse,
Prozessrisikoanalyse: Erfolgsaussichten vor Gericht bestimmen, empfohlen. Es ist für Anwälte zwar völlig ungewohnt, Risiken im Prozess in Prozenten zu bewerten und hieraus einen Wert zu berechnen. Aber nur so kann das Risiko bewertet werden. Und dann sollte natürlich auch der Ausstiegspunkt zusammen mit dem Mandanten geklärt werden. Das ist der Punkt, an dem ein weiteres Fortführen der Mediation nur zu schlechteren Ergebnissen führen kann, als die beste Alternative.
Nicht zuletzt sollte dem Anwalt, der seinen Mandanten in die Mediation begleitet, klar sein, dass er nicht der “Fürsprech” des Mandanten ist, sondern sein Berater und Begleiter auf dem Weg zu einer konsensualen Lösung. Auch ein Anwalt kann gelegentlich einmal schweigen und muss nicht immer eine Antwort parat haben.
Und noch eins: Liebe Anwälte, wir bewegen uns in der Mediation in aller Regel im Bereich der Vertragsfreiheit. Die Regeln des BGB sind, soweit sie nicht zwingend sind und das sind die wenigsten, lediglich Hilfskonstruktionen, wenn die Parteien keine andere Vereinbarung treffen. Und deshalb ist nicht jede Abweichung vom gesetzlichen Normalfall ein Haftungsfall für den Anwalt. Offensichtlich meinen viele Anwälte, man könne nur das vereinbaren, was das Gesetz im BGB ohnehin vorsieht. Wenn das nicht geschieht, sehen sie sich in der Haftung. Dem ist aber doch nicht so! Und die Mediation lebt von kreativen Lösungen, die das Gesetz so vielleicht nicht vorsieht. Solange die Grenzen der Sittenwidrigkeit bzw. des gesetzlichen Verbotes nicht überschritten sind und die Form gewahrt wird, kommt es allein darauf an, ob die Mandanten (Medianden) es so wollen.
Wenn Sie all dies bedenken, sind Sie fit für die Mediation und jeder Mediator wird Sie willkommen heißen und gern mit Ihnen zusammenarbeiten.