…als Mediator, was die Parteien als Einigung finden. Es ist die Einigung der Mediandinnen und Medianden und diesen muss die Einigung gerecht und fair erscheinen und ihnen muss der Inhalt der Vereinbarung gefallen. In den Ausbildungsseminaren für angehende Mediatorinnen und Mediatoren weise ich darauf immer hin. Gerade Juristen fällt es oft schwer, die Vertragsfreiheit der Medianden tatsächlich ernst zu nehmen, vor allem, wenn diese kreativ und ungewöhnlich sind und vom üblichen (durch die Gerichte vorgegebenen) Schema abweichen.
Es ist immer die Rede davon, dass ein Mediationsverfahren ergebnisoffen ist. Das gilt in aller Regel zumindest am Beginn der Mediation nicht für die Mediandinnen und Medianden, die ihre Vorstellungen von ihren Ansprüchen durchsetzen wollen. Es ist eine Forderung, die sich vor allem an die Mediatorinnen und Mediatoren richtet. Gerade Mediatorinnen und Mediatoren, die aus Beratungsberufen kommen, sind es meist gewohnt oder haben die Erwartung an sich selbst, möglichst eine Lösung des an sie herangetragenen Problems aus dem Ärmel zu schütteln. Eine Mediatorin oder ein Mediator darf das gerade nicht tun und er muss sich auch aktiv davon frei machen, eine Lösung für richtig zu halten. Tut er/sie das nciht, so steuert er unbewusst die Medianden auf das von ihm gewünschte Ergebnis hin und das soll und darf nicht sein.
Nur wenn am Beginn der Mediation zumindest die/der Mediator/in wirklich ergebnisoffen ist, kann sie/er die Medianden im Rahmen der Phase der Konflikterhellung (Interessenklärung) auch dazu bringen, von ihren Ansprüchen, die zuerst bei ihnen im Vordergrund stehen, abzurücken und die wahren Interessen herauszufinden und kreativ an die Lösungsfindung zu gehen. Dabei sollten zunächst auch keine Grenzen im Denken gesetzt werden. Erst später bei der Auswahl der für diesen Mediationsfall passenden Lösung durch die Medianden muss natürlich geklärt werden, ob hier Grenzen der Privatautonomie durch zwingende gesetzliche Regelungen bestehen.
Vor allem darf die/der Mediator/in auch nicht ihre/seine eigenen Gerechtigkeitsvorstellungen an die Stelle der Gerechtigkeitsvorstellungen der Medianden rücken. Die Medianden entscheiden selbst, was sie für gerecht halten oder nicht (es gibt ja auch unterschiedliche Gerechtigkeitskriterien und die/der Mediator/in hat vielleicht andere als die Medianden). Natürlich wird in den Mediationslehrgängen immer darüber diskutiert, was ich als Mediator mache, wenn mir eine Vereinbarung nun wirklich in hohem Maße als ungerecht und unfair vorkommt. In einem solchen Fall kann ich als Mediator lediglich die Motivation der Medianden für diese Regelung hinterfragen, so wie ich auch hinterfrage, wenn mir eine Regelung als nicht praktikabel erscheint. Als Mediator(inn)en sind wir auch Agents of Reality. Manchmal schießen die Medianden auch in der Euphorie der Einigung über das Ziel (nach meiner Ansicht) hinaus. Dann kann das hinterfragt werden. Wenn die Medianden aber trotz dieser Hinterfragung dabei bleiben, dann passt es für sie (so wie ein Scheidungspaar, das das Wechselmodell bezüglich der Kinderbetreuung kreativ lösten, indem nicht die Kinder wechselten sondern der Elternteil und die Kinder im Haus blieben, ein Modell, das in diesem Fall funktioniert).
Deshalb: Nicht alles was ich für problematisch halte, muss für die Medianden Problembehaftet sein. Das Essen muss den Gästen schmecken und nicht dem Koch!