Der “Versunkene-Kosten-Effekt” steuert trotz aller Rationalität, derer wir uns rühmen, unsere Entscheidungen öfters als wir denken.
Versunkene Kosten (Sunk costss) sind solche Kosten, die nicht mehr beeinflusst werden können. Wir alle kennen das: Sie hängen schon 10 Minuten in der Warteschleife des Callcenters. Es fällt ihnen schwer, jetzt aufzulegen, nachdem sie schon so viel Zeit (unwiderbringlich) investiert haben. Oder: Gerade haben Sie bei ihrem alten Auto die Kupplung reparieren lassen und damit einen entsprechenden Betrag investiert. Nun geht irgendetwas anderes kaputt. Es wird ihnen schwer fallen, das Fahrzeug jetzt zu verschrotten, nachdem sie so viel Geld investiert haben.
Dabei ist eines klar: Die versunkenen Kosten sind bereits versunken. Für ihre Entscheidung kann daher ausschließlich die Zukunftsprognose maßgebend sein, nicht die Investition(en) in der Vergangenheit. Warum sind die versunkenen Kosten so verführerisch? Das hängt wohl mit der menschlichen Verlustaversion zusammen. Wir sind eher bereit, größere Anstrengungen zur Vermeidung eines Verlusts aufzubringen als einen Gewinn zu vergrößern. Das hängt wohl mit der Menschheitsentwicklung zusammen. Im Urwald war es sinnvoll, Gefahren als dringender anzusehen als Chancen. Nur so konnte ein Überleben gesichert werden.
Mit der Problematik con versunkenen Kosten müssen wir als Mediatoren auch ständig umgehen. Einmal bei Beginn einer Mediation. Konfliktbeteiligte, die bereits viel Geld oder Emotionen und Zeit in einen Prozess gesteckt haben, lehnen Mediation oft im Hinblick auf die getätigten Investitionen ab, zumal die Hoffnung auf einen positiven Ausgang meist noch nicht vollkommen erloschen ist. Aber auch bei Sachfragen, die in der Mediation zu lösen sind, spielt der Effekt immer wieder eine große Rolle. So fällt es schwer, seinen Hausanteil an den anderen Konfliktpartner abzugeben, hat man doch viel Arbeit in die eigenhändige Renovierung gesteckt (die sich im Wert nur marginal bemerkbar macht).
Wie kann ein Mediator damit umgehen? Er kann auf den Effekt hinweisen und dazu anhalten, Entscheidungen zu treffen, die den zukünftigen Nutzen im Blick behält und nicht die vergangenen Aufwendungen. Als Mediator kann ich auch fragen: “Würden Sie dieselbe Entscheidung treffen, wenn es die Kosten in der Vergangenheit nicht oder in geringerem Umfang gegeben hätte? Sie können auch zu einem Gedankenexperiment auffordern. Lassen sie den Medianden zurückgehen an einen Zeitpunkt, als die Kosten noch nicht entstanden waren und er soll sich vorstellen, er hätte damals das heutige Wissen gehabt. Was würde er seinem zukünftigen Ich empfehlen?