Schaut man sich die Diskussionen um den Entwurf des Bundesjustizministeriums zur Ausbildungsverordnung für zertifizierte Mediatoren (ZMediatAusbV) einmal an, muss man über manche Angriffspunkte den Kopf schütteln. Immer wieder wird bemängelt, dass die MediatorInnen, um ihre Zertifizierung zu behalten, 4 Fälle in zwei Jahren nachweisen müssen, also zwei Fälle im Durchschnitt pro Jahr. Bei den in der Begründung zum Entwurf unterstellten 7.500 MediatorInnen hieße das, wir benötigen jährlich 15.000 Mediationsfälle. Immer wieder wird in den Stellungnahmen zu dem Verordnungsentwurf bezweifelt, dass diese Zahl erreicht werden kann.
Hallo? Machen hier Leute eine (teure) Ausbildung zur Mediatorin, zum Mediator und gehen nicht einmal davon aus, dass sie im Jahr zwei Fälle akquirieren und durchführen??? Die Preise für eine Mediationsausbildung schwanken zwischen ca. 2.000 bis 5.000 € und darüber. Bei noch nicht einmal zwei Fällen im Jahr rentiert sich die Ausbildung ja überhaupt nicht. Das Potenzial für Mediation ist doch vorhanden. Laut Statistischem Bundesamt wurden 2012 (neuere Zahlen gibt es nocht nicht) 1.506.286 neue Verfahren bei den Amts- und Landgerichten, 655.486 bei den Familiengerichten und 404.550 bei den Arbeitsgerichten anhängig gemacht. Das sind insgesamt 2.565.322 Verfahren im Jahr 2012. 15.000 Verfahren wären noch nicht einmal 0,6 % all dieser Verfahren. Es soll den MediatorInnen nicht gelingen, von diesem großen Kuchen möglicher Mediationsfälle nicht einmal dieses kleine Scheibchen abzuschneiden?
Hierbei ist ja noch nicht einmal die große Zahl von Rechtsfällen berücksichtigt, die von Anwälten im Wege des Feilschens außergerichtlich erledigt wurden.
Liebe MediatorenkollegInnen, schaut euch einfach mal diese Zahlen an und überlegt, welches Potenzial für Mediation hierin liegt. Es wird Zeit, dass wir Mediatoren aufwachen und wirklich einmal ernsthaft Akquise für Mediation betreiben. Es reicht nciht, eine Mediationsausbildung zu machen und dann auf Aufträge zu hoffen. Wir müssen endlich einmal gemeinsam auf den Markt gehen und den Kunden, sprich allen von einem juristischen Konflikt Betroffenen oder noch besser, allen, die noch nicht von einem Konflikt betroffen sind, klar machen, dass Mediation gegenüber dem Gerichtsverfahren das bessere Verfahren ist, weil selbstbestimmt statt fremdbestimmt. Wie offensiv tragen wir alle nach außen, dass wir Mediation anbieten?
Also hören wir auf zu jammern und fassen uns an die eigene Nase. Es liegt an uns, Mediation im Bewusstsein unserer Mitbürger zu implementieren. Fälle gibt es genug!