Auch wenn Sie als Anwalt nichts mit Mediation am Hut haben, hat das Mediationsgesetz bzw. genauer das Gesetz zur Förderung der Mediation und anderer Verfahren der außergerichtlichen Konfliktbeilegung Auswirkungen auf die Zivil- und Arbeitsgerichtsbarkeit.
Seit heute gilt die neue Fassung des § 253 Abs. 3 ZPO. Unter Ziffer 1 ist nun aufgeführt , dass die Klageschrift die Angabe enthalten soll, ob der Klageerhebung der Versuch einer Mediation oder eines anderen Verfahrens der außergerichtlichen Konfliktbeilegung vorausgegangen ist sowie eine Äußerung dazu, ob einem solchen verfahren Gründe entgegenstehen.
Ehe Sie nun den nächsten Textbaustein erstellen, der dann gedankenlos in die Klageschrift aufgenommen wird, sollten Sie wirklich überlegen, ob es nicht die Möglichkeit gibt, einen Prozess durch Mediation zu vermeiden. Es geht letztlich nicht darum, irgendein juristisches Problem zu lösen oder die Tatsachen so darzustellen, dass sie unter irgendeinen Paragrafen subsumiert werden können. Es geht letztlich darum, ein Problem des Mandanten in optimaler Weise zu lösen. Dass ein Prozess in (fast) jedem Fall suboptimal ist, wissen alle Fachleute.
Das gleiche gilt, wenn das Gericht nun nach § 278 a ZPO, der auch seit heute gilt, eine Mediation oder ein anderes Verfahren der außergerichtlichen Konfliktbeilegung vorschlägt. Auch hier sollten Sie den Vorschlag des Gerichts nicht automatisch verwerfen sondern darüber nachdenken, wie sie den Konflikt am besten für den Mandanten lösen können.
Das gilt auch für das familiengerichtliche Verfahren und vor dem Arbeitsgericht. Gerade in diesen beiden Bereichen ist den Parteien in aller Regel mit einem Urteil – auch wenn sie gewinnen – am wenigsten gedient. Gerade hier kann Mediation vermeiden, dass verbrannt Erde zurückbleibt und das Verhältnis zwischen den Parteien für die Zukunft gestört ist. Das ist dann keine Konfliktlösung sondern eine Konflikteskalation oder zumindest eine Verstetigung des Konflikts.
Und noch ein Schmankerl für die Parteien: Wird eine Klage oder ein Antrag nach Durchführung einer Mediation zurückgenommen, so können die Länder per Verordnung die Gerichtskosten bis auf null durch Verordnung ermäßigen. Prüfen Sie also nach, ob es in Ihrem Bundesland nicht (demnächst) eine solche Verordnung gibt.
Ich denke, ein “Muss” wäre auch nicht zielführend. Nicht jedes Mandat/ jeder Mandant ist für die Mediation geeignet. Z.B. bei Eheleuten, die eine Täter-Opfer-Struktur haben, ist die Mediation sicher nicht der richtige Weg. Oder wenn der Mandant untentschlossen ist, unsicher oder aber intelektuell gar nicht in der Lage, die Zusammenhänge zu überblicken. Deswegen ist das “Soll” m.M. ein guter Ansatz, um jedes Mandat auf Mediationstauglichkeit zu prüfen. Auch Anwälte können ja mit der Mediation bzw. mit dem Rechtsbeistand neben einer Mediation verdienen – und sich außerdem profilieren. Hier gibt es eine gute Checkliste, wann ein Mandat für die Mediation in Frage kommt und wann nicht (zusammen mit häufigen Beispielfällen):
http://www.familienrecht.de/mediation/mediationsgesetz-in-kraft-typische-mandatssituationen/
Da sorgt der Gesetzgeber in seiner fürsorglichen Art (neudeutsch heißt es wohl “Nudging”, keine Eingriffsverwaltung mehr, aber “Denkanstöße” für ein glücklicheres Leben) dafür, dass mehr Toner und mehr Papier für neue Textbausteine in Schriftsätzen verbraucht wird.
Ebenso wie in der Zwangsbeglückung aller Bundesbürger mit Anfragen ihrer Krankenkasse, ob sie denn nicht doch vielleicht einen Organspendeausweis haben möchten.
Ich habe nichts gegen Mediation, meine aber, dass ein solcher “Soll” Zusatz nun wirklich etwas ist, was die Welt nicht braucht.
…dann ist die Überschrift aber falsch…da steht doch “soll” und nicht “muss”! 😉
Richtig!