Ziel einer Mediation ist es natürlich, eine Konsenslösung zu erreichen. Das klappt (leider/natürlich) nicht immer. Manchmal sind in der Tat begrenzte Ressourcen zu verteilen und dann ist distributives Verhandeln angesagt – kurz es wird gefeilscht. Das ist aber nicht der Weisheit letzter Schluss.
Mittlerweile beschäftigen sich die Mathematiker mit der Frage, wie es möglich ist, neidfrei zu teilen.
Die übliche Taktik, einer teilt, der andere wählt aus, lässt sich bei komplexeren Verhandlungen nicht anwenden. Hier hilft die Adjusted-Winner-Methode (manchmal auch Scheidungsformel genannt). S. J. Brams und A. D. Taylor haben diese Methode 1996 entwickelt. Sie ist in den USA auch patentiert.
Vorgehen:
Jede Partei vergibt (geheim) genau 100 Punkte.
- Erstverteilung. Jedes Objekt zu der Partei, die dort eine größerer Wertungszahl vergeben hat.
- Verteilung von gleich bewerteten Objekten. Die Partei erhält das aktuelle Objekt, die gerade die niedrigere Summe hat.
- So lange von reicherer Partei zu ärmerer Partei umverteilen, bis Ausgleich erreicht ist. Dabei das Objekt auswählen, dass die ähnlichste Bewertung hat. Gegebenenfalls Aufteilung eines Objekts, sodass die Bewertungssummen gleich sind.
Beispiel mit 5 Objekten:
- Beide vergeben geheim ihre 100 Punkte für die 5 Objekte.
- Der linke Teilnehmer erhält die Objekte 1,2 und 4, der rechte Teilnehmer das Objekt 3
So hat der linke Teilnehmer 60 Punkte und der rechte Teilnehmer 40 Punkte. - Ordnet man nun das gleich bewertete Objekt 5 dem „ärmeren“ Beteiligten rechts zu, so ergibt sich folgendes Bild:
Auch dieses Ergebnis ist nicht gerecht und neidfrei, da der rechte Teilnehmer nun 75 Punkte verwirklicht hat gegenüber nur 60 Punkten auf der linken Seite.
Demnach muss das gleich bewertete Objekt aufgeteilt werden nach der Formel:
60 + p ∙ 35 = 40 + (1 – p) ∙ 35
p = 15 / 70 ≈ 0,215
Also bekommt der rechte Teilnehmer von dem Objekt 5 einen Anteil von 15 / 70 und der rechte Teilnehmer von 55 / 70, in Punkten ausgedrückt links 7,5 Punkte oder 21,5 % und rechts 27,5 Punkte oder 78,5 %.
Auch Objekte, die nicht gewünscht sind, können im Adjusted-Winner-Verfahren eingebunden werden. Wenn sich Eheleute über die Verteilung der Hausarbeit uneins sind und ein Ehepartner auf keinen Fall putzen will, ergibt sich folgende Lösung:
1. Verteilung der Punkte:
20 | 1 – Bestimmung Freizeit | 35 | ||
70 | 2 – Nicht Sauber machen | 25 | ||
0 | 3a – Kochen | 40 | ||
10 | 3b – Nicht kochen | 0 | ||
100 | 100 |
Es ergibt sich demnach folgende Aufgabenverteilung:
20 | 1 – Bestimmung Freizeit | 35 | X | |
0,95 | 70 | 2 – Nicht Sauber machen | 25 | 0,05 |
0 | 3a – Kochen | 40 | X | |
X | 10 | 3b – Nicht kochen | 0 | |
76,3 | 100 | 100 | 76,3 |
Also muss der putzunwillige Partner nun doch zumindest 5 % der Putzarbeiten erledigen. Ansonsten ist jeder zufrieden.
Sicherlich lässt sich auch damit nicht jedes Verteilungsproblem lösen und ein Mediator sollte auch immer überprüfen, ob sich der “Kuchen nicht vergrößern” lässt.