Viele Unternehmen nehmen Konflikte als gottgegeben einfach hin. Konflikte treten eben auf. Geld in ein wirksames Konfliktmanagement zu stecken erscheint zu teuer. Konfliktkosten treten auch nicht direkt in den Kostenrechnungen und Bilanzen und auch nicht in den Berechnungen der Cotroller auf. Konfliktkosten werden nicht zur Kenntnis genommen.
Vielen Verantwortlichen in Unternehmen (und auch in Behörden) ist überhaupt nicht bewusst, dass hier ein erhebliches Einsparpotenzial für Unternehmen schlummert. Mit verhältnismäßig wenig Aufwand ließen sich Kosten sparen (und damit natürlich auch der Gewinn erhöhen).
Dabei gibt es mittlerweile genügend Möglichkeiten, Konfliktkosten zumindest annähernd zu ermitteln. Die Wirtschaftskammer Wien (ein Äquivalent zu Induwtrie- und Handelskammern) hat bereits vor mehreren Jahren eine Untersuchung vorgenommen. Deren Ergebnis war, dass ca. 19 % der Personalkosten durch Konflikte verursacht werden. Jedes Unternehmen kann einmal anhand der eigenen Personalkosten hochrechnen, wie hoch der Betrag ist, der hier verbrannt wird.
Bereits im Jahr 2009 hat die Unternehmensberatung KPMG eine Studie über Konfliktkosten durchgeführt und veröffentlicht. Es wurden hier drei Bereiche herausgearbeitet, in denen Konfliktkosten entstehen.
Das ist einmal der Bereich der beteiligten Personen. Konfliktkosten entstehen hier durch Mitarbeiterfluktuation, Krankheitszeiten und kontraproduktives Verhalten. Kosten der Mitarbeiterfluktuation lassen sich zum großen Teil auch direkt ermitteln, wie etwa Kosten der Personalsuche, Kosten der Einarbeitung etc.. Teilweise können die Kosten nur geschätzt werden. das gilt für die Kosten der Minderleistung des Mitarbeiters, der das Unternehmen verlassen will, aber auch der Verlust von Wissen, das der Mitarbeiter mit sich nimmt. Krankheitskosten wie Arztbesuche, Zeiten der Arbeitsunfähigkeit lassen sich wieder direkt ermitteln, ebenso die Kosten des Eingliederungsmanagements. Geschätzt werden können auch hier nur die Kosten der Minderleistung eines nicht voll leistungsfähigen Mitarbeiters. Kontraproduktives Verhalten kann sich einmal in direkter Sabotage äußern. Diese Kosten sind direkt messbar. Ein wegen eines Konflikts demotivierter Mitarbeiter ist aber nicht zur vollen Leistung bereit. Die jährlichen Gallup-Studien zur Mitarbeitermotivation sind ja allgemein bekannt und die Ergebnisse erschreckend. Immerhin haben 15 % der Mitarbeiter durchschnittlich innerlich gekündigt und weitere 70 % haben nur eine geringe emotionale Bindung an das Unternehmen. Schätzen Sie einfach, wieviel Zeit die Mitarbeiter ohne bzw. mit wenig emotionaler Bindung an das Unternehmen mit Scheinarbeit vertrödeln. Auch muss mann Kontrolleinrichtungen wie Zeiterfassungssysteme (damit können Sie wenigstens erreichen, dass die Mitarbeiter die Zeit an ihrem Arbeitsplatz verbringen) und sonstge Kontrollmechanismen in die Kostenberechnung mit einbeziehen.
Im Bereich Team entstehen Kosten (bzw. entgehen Umsätze und Gewinne) durch Kunden- und Lieferantenfluktuation, Mängel in der Projektarbeit und entgangene Aufträge. Unmotivierte und mit Konflikten beschäftigte Mitarbeiter können dazu führen, dass Aufträge verloren gehen. Hierdurch entgeht Gewinn und es entstehen auch Kosten im Customer Relationship Management. Man muss eventuell dem Kunden entgegenkommen, um ihn zu halten. Hierzu zählen aber auch die nur zu schätzenden Schäden durch Imageverlust des Unternehmens oder der Marke. Dass Konflikte in Projektteams erhebliche Kosten verursachen können, die im Budget nicht vorgesehen sind, liegt auf der Hand, ebenso dass gescheiterte Projekte letztlich nur Kosten verursachen. Ebenso ist klar, dass erst überhaupt nciht akuirierte Aufträge einen Schaden verursachen, sei es durch entgangene Umsätze, fehlene Deckungsbeiträge oder Gewinne.
Schließlich bleibt noch der Bereich Organisation. Dort können Kosten entstehen durch Über- oder Unterregulierung, durch Anreiz- oder Motivationssysteme und arbeitsrechtliche Maßnahmen. Bei Über- bzw. Unterregulierung entstehen Kosten durch die Diskussion dieser Regelungen im Unternehmen auf allen Ebenen. Gleiches gilt für den Bereich der Anreizsysteme, die immer Gelegenheit für langwierige Auseinandersetzungen leifern. Demgegenüber sind die Kosten arbeitsrechtlicher Maßnahmen direkt messbar, wie z.B. die gezahlte Abfindung, Kosten der Rechtsberatung im Kündigungsprozess und vieles mehr.
Eine gute Hilfestellung für die Berechnung der Kosten eines Konflikts bietet das kostenlose Tool bei www.konfliktrechner.de. Man ist in aller Regel erstaunt, wie hoch die Kosten eines Konflikts sind. Auch KPMG hat in seiner Konfliktkostenstudie II Beispielkonflikte vorgestellt und deren Kosten ermittelt. Die Studie ist hier zum Download bereitgestellt.
Demgegenüber sind die Kosten des Konfliktmanagements in aller Regel geringer. Natürlich wird auch das beste Konfliktmanagement nicht dazu führen, dass es in einem Unternehmen keinerlei Konflikte mehr gibt. Konflikte sind notwendig, um ein Unternehmen weiterzuentwickeln und auf Veränderungsmöglichkeiten hinzuweisen. Dies sind die sogenannten funktionalen Konflikte im gegensatz zu den dysfunktionalen. Dabei muss man aber beachten, dass auch funktionale Konflikte in dysfunktionale umschlagen, wenn sie nicht angemessen bearbeitet werden.
Wie ein Konfliktmanagementsystem aussehen soll oder kann, hängt natürlich vom einzelnen Unternehmen ab. Das kann von externen Mediatoren bis zu betriebsinternen Mediatoren und Konfliktlotsen gehen. Welchen Aufwand man betreibt hängt von der Höhe der anfallenden Konfliktkosten ab. Es ist klar, dass es unwirtschaftlich ist, mehr Geld in ein Konfliktmanagementsystem zu stecken, als Konfliktkosten entstehen. Bedenkt man aber, dass nach der Studie der WK Wien 19 % der Personalkosten als Konfliktkosten zu gelten haben, bleibt je nach Anzahl der Mitarbeiter viel finanzieller Spielraum für ein Konfliktmanagement.