Als Caucus bezeichnet man im Zusammenhang mit der Mediation getrennte Sitzungen (private sessions), der Mediator mit den Medianden jeweils getrennt, im Gegensatz zu den gemeinsamen Sitzungen (joined sessions), bei denen der Mediator undalle Medianden zusammensitzen. Gerade im angelsächsischen Raum wird der Caucus sehr häufig in der Mediation durchgeführt, während wir kontinentaleuropäischen Mediatoren fast ausschließlich in gemeinsame Sitzungen mediieren. Eine gute Zusammenfassung zu dieser Frage finden Sie bei dem Online-Magazin “Dispute Resolution“.
Auch ich hatte aufgrund meiner Prägung als Mediator in Deutschland Vorbehalte gegen diese Einzelsitzungen, bis ich zu Zeiten, als ich noch anwaltlich Tätig war, eines Tages ausgerechnet bei Gericht die Vorteile dieses Verfahrens kennenlernen konnte.
Es ging um einen Unterhaltsrechtsstreit zwischen einem niedergelasenen Arzt und seiner Noch-Ehefrau, eine Lehrerin. Eine teuflische Konstellation! Der Konflikt war hoch eskaliert und der Prozess lief bereits seit mehreren Jahren und hatte mehrere Richterwechsel beim Familiengericht überlebt. Es wurde über alles gestritten und es war bereits ein Sachverständigengutachten über das Einkommen des Arztes eingeholt worden. Wir beteiligten Anwälte betrachteten das Honorar in dieser Sache bereits als Schmerzensgeld. Die Sache lag nun wieder einmal bei einem neuen, noch recht jungen Richter, der allerdings im Gegensatz zu seinen Vorgängern den Mut hatte, wenigstens einmal einen Termin anzuberaumen. Sein Versuch, in der Sitzung in Anwesenheit der Anwälte und Parteien einen Vergleich zu schmieden, ging erwartungsgemäß schief. Angesichts dessen erbat sich der Richter, der mit einem durchaus gesunden Selbstvertrauen gesegnet war, die Erlaubnis, die mündliche Verhandlung zu unterbrechen und mit den Parteien und dem jeweiligen Anwalt getrennt in seinem Richterzimmer zu verhandeln. Er wies darauf hin, dass das durchaus kein übliches Vorgehen bei Gericht sei, er sich jedoch davon einen Fortschritt verspreche.
So wanderten die Parteien und ihre Anwälte dann jeweils abwechselnd in das Richterzimmer und zum Erstaunen nicht zuletzt der beiden Anwälte gelang es dem Richter, die Zustimmung beider Parteien zu einem Vergleich zu bekommen, der sofort anschließend in der mündlichen Verhandlung protokolliert wurde (und der dann auch jahrelang hielt).
Warum konnte das funktionieren? Der Konflikt zwischen den Parteien war – wie gesagt – so eskaliert, dass eine einigermaßen sachliche Kommunikation zwischen den Parteien in einer gemeinsamen Sitzung überhaupt nicht mehr möglich war. Nur in den getrennten Besprechungen mit dem Richter konnten die Parteien zur Sachlichkeit zurückkehren, da das jeweilige rote Tuch in Person des Prozessgegners nicht zugegen war. Wenn die Parteien von den Emotionen überschwmmt werden, setzt einfach die Vernunft aus und klares Denken ist nicht mehr möglich (wer kennt das nciht von sich selbst?).
Angesichts dieses Ergebnisses habe ich meine Meinung zu getrennten Verhandlungen auch in der Mediation geändert. Ich setze sie zwar immer noch selten ein. Wenn ich jedoch merke, dass die Emotionen hochgehen, sind getrennte Sitzungen durchaus ein Mittel der Wahl, um den Mediationsprozess trotzdem voranzubringen.
Ein Caucus ist aber auch dort angebracht, wo Informationen nicht zum eigenen Schaden in einer gemeinsamen ‘Sitzung benannt werden können oder wo bestimmte Äußerungen möglicherweise die andere Partei verletzen würden.
Bei Gericht war es bisher das einzige Mal, dass ein Richter einen Vergleich in getrennten Sitzungen mit den Parteien besprochen und erreicht hat (außer vielleicht in Form von Telefonanrufen eines Richters, der Vergleichsmöglichkeiten eruieren will). Auch für Richter ist es also mal einen Versuch wert.