Das sollte Pflichtlektüre für Richter (und auch für Rechtsanwälte) sein!

Nach § 278 a ZPO kann das Gericht den Parteien eine Mediation oder ein anderes Verfahren der außergerichtlichen Konfliktbeilegung vorschlagen. Kriterien hierfür wurden nicht ins Gesetz aufgenommen. Dies wird von den Richtern nach Bauchgefühl entschieden, ohne dass sie über genügend Informationen über die alternativen Verfahren wie Mediation verfügen und insbesondere, was Mediation zu leisten imstande ist. In der Begründung zum ursprünglichen Gesetzentwurf des Bundesjustizministeriums war dazu lediglich folgendes ausgeführt:

Ein  solcher Vorschlag  kann  insbesondere  dann  angezeigt  sein,  wenn  dem  Rechtsstreit  Konflikte zugrunde liegen, die im Prozess nicht oder nur unzureichend beigelegt werden können.
Derartige  Konstellationen  können  zum  Beispiel  in  Verfahren  auftreten,  in  denen  hinter dem den Streitgegenstand bildenden Zahlungsansprucheine dauerhafte persönliche oder geschäftliche  Beziehung  der  Parteien  besteht,  die  durch  den  Ablauf  des  Rechtsstreits oder  dessen  Ergebnis  beeinträchtigt  werden  kann.  Sind  wie  im  Bau-  oder  im  Arzthaftungsprozess gutachterlich zu klärende Tatsachenfragen streitentscheidend, kann es darüber hinaus sinnvoll sein, die Parteien auf ein verbindliches Schiedsgutachten zu verweisen. § 278a Absatz 1 Satz 1 ZPO dient damit dem gesetzgeberischen Ziel, die außergerichtliche Konfliktbeilegung auch bei bereits rechtshängigen Streitigkeiten zu ermöglichen.

Die Rechtsanwälte und Mediatoren JUDr. Heike Lamadé und JUDr. Thomas Lamadé haben danenswerter Weise hierzu Kriterien entwickelt und veröffentlicht (“Entscheidungskriterien für den Vorschlag einer Mediation oder eines anderen Verfahrens der außergerichtlichen Konfliktbeilegung nach § 278 a I ZPO, §§ 36a I S.1 FamFG. § 54a ArbGG oder einer Norm, die auf § 278a ZPO verweist” so der etwas sperrige Titel der Arbeit). Sie zeigen auf, dass Mediation und andere Verfahren der außergerichtlichen Konfliktbeilegung eben nicht nur dort sinnvoll sind, wo die Parteien ohnehin vergleichsbereit sind, sondern gerade auch dort, wo eine Vergleichsbereitschaft erst geschaffen werden muss, der Konflikt aber – wie meist – nicht nur auf der Sahcebene besteht.

Würden Richter und Parteianwälte diese Ausarbeitung genau studieren und die dort genannten Kriterien in ihrer Arbeit anwenden, könnten viel mehr Streitverfahren durch Mediation oder andere Verfahren gelöst werden und so die Gerichte wirklich entlastet werden. Hinzu käme, dass die Parteien viel zufriedener mit den Ergebnissen wären, wie Untersuchungen ergeben haben.

Leider scheint diese hervorragende Arbeit noch recht unbekannt zu sein (auch ich bin auch nur zufällig beim Surfen darauf gestoßen). Meiner Meinung nach sollte sie sowohl bei den Richtern als auch bei Anwälten Pflichtlektüre sein.