Kennen Sie den IKEA-Effekt? Nein? Ja? Der IKEA-Effekt beinhaltet, dass wir Dinge, die wir selbst zusammengebaut haben, als weit wertvoller betrachten als fertig gekaufte Sachen. Michael I. Norton ließ Probanden IKEA-Kommoden, Origamis oder LEGO-Konstruktionen zusammenbasteln. Die Probanden hielten die selbst geknaubten Sachen für weit wertvoller als die fertigen industriell gefertigten Möbel und Waren. Hierbei stellten Norton und seine Kollegen auch fest, dass der Effekt nur dann eintritt, wenn das Teil fertiggestellt ist. Ist es nur halbfertig oder wieder zerlegt, tritt kein Effekt auf (The IKEA effect: When labor leads to love). Je größer die Anstrengung ist, die die Probanden aufwenden mussten, desto höher der Wertzuwachs. Menschen, die sich der Aufgabe erst nicht gewachsen sahen und dann doch die Arbeit erfolgreich beendeten, waren besonders stolz auf ihr Werk.
Was hat dieser Effekt mit Mediation zu tun? Er kann die Erklärung liefern, warum in der Mediation selbst von den Medianden gefundene und erarbeitete Lösungen haltbarer sind, als fremdbestimmte Lösungen. Aufgabe des Mediators ist es ja gerade, die Medianden in die Lage zu versetzen, selbst eigene Lösungen für ihren Konflikt zu finden und zu verhandeln. Der Mediator macht eben keine Vorschläge und bietet den Medianden keine vorgefertigten Lösungen an. Er unterstützt die Medianden bei der Lösungsfindung. Genau dieses Selbst-Erarbeiten und Selbst-Ausverhandeln von Vereinbarungen macht die Medianden stolz auf sich und ihre Leistungen. Oft haben auch sie sich am Anfang der Mediation nicht wirklich in der Lage gesehen, den vielleicht schon lang andauernden oder eskalierten Konflikt selbst ohne Einschaltung eines Gerichts beizulegen und einer Lösung zuzuführen. Oft kann man auch den Stolz der Medianden fühlen oder sehen und ein guter Mediator wird diese Arbeit der Medianden auch bei Abschluss der Mediation würdigen – auch wenn die Vereinbarungen (hoffentlich) stabiler sind als manches IKEA-Möbel.