Es dürfte bekannt sein, dass zu viel Auswahl eher dazu führt, dass die Betroffenen überhaupt keine Auswahl vornehmen oder dann mit ihrer Auswahl nicht so zufrieden sind (Paradox of Choice). In ihrer berühmten Studie bauten Iyengar und Lepper in einem Supermarkt zwei tische auf, auf dem einen ca. 24 Sorten Marmelade und auf dem anderen lediglich 6 Sorten. Die Mehrzahl der Leute blieb zwar an dem Tisch mit mehr Sorten stehen als an dem anderen Tisch, dafür kauften die Leute an dem Tisch mit weniger Auswahl wesentlich mehr als an dem Tisch mit der großen Auswahl (Iengar & Lepper: When choice is demotivating: Can one desire too much of a good thing? in Journal of Personality and Social Psychology, Vol 79(6), Dec 2000, 995-1006). Dieses Experiment wurde bereits so und ähnlich mehrfach wiederholt und kam immer zu dem gleichen Ergebnis. Und es gibt auch Erfahrungen aus der Realität. Ein amerikanischer Büromittelversand reduzierte die Auswahl in seinem Katalog erheblich, um einmal die Kosten des Katalogs und auch die Lagerkosten zu verringern. Man ging davon aus, dass auch der Umsatz zurückgehen würde, was aber durch die Kostenreduktion aufgefangen werden sollte. tatsächlich stieg aber der Umsatz gerade bei den Artikeln, deren Varianten reduziert wurde, erheblich an. Ähnlich ging es einer großen amerikanischen Feritghausfirma. Diese hatte ein großes Angebot an Fließen, Armaturen und so weiter, mit denen man das Haus personalisieren konnte, nachdem sich ein Kunde für einen bestimmten Haustyp entschieden hatte. Üblicherweise berieten die Ausstattungsexperten der Firma ca. 20 Stunden mit den Hauskäufern, bis alle Ausstattungsvarianten geklärt waren. Auch diese Firma reduzierte die möglichen Ausstattungsvarianten z.B. bei den Fließen für den Flur von 34 auf ein paar wenige. Nicht nur die Beratungszeit der Kunden sank von 20 auf 4 Stunden im Durchschnitt, die Käufer waren sogar zufriedener als vorher bei der großen Auswahl.
Auf der anderen Seite führt eine Auswahl zwischen einem Produkt oder gar nichts zu dem Ergebnmis, dass dann lieber gar nichts genommen wird (single option aversion).
Es ist daher immer eine Aufgabe, den goldenen Mittelweg zwischen zu viel Auswahl und zu wenig Auswahl zu finden. Das gilt auch in Verhandlungen und der Mediation. Der Nachteil des üblichen Feilschens um Kompromisse bei Gericht ist nämlich, dass aufgrund der reinen Win-Lose-Situation (Nullsummenspiel) die Beteiligten nicht zufrieden sind und es fällt leichter, den einen Vorschlag (friss oder stirb) abzulehnen. Das ist nicht zuletzt einer der Gründe, warum es in einer Mediation sinnvoll ist, eben nicht nur über einen Anspruch zu feilschen, sondern aufgrund der Interessen der Beteiligten möglichst viele Optionen (aber nicht zu viele) zu entwickeln, zwischen denen die Beteiligten dann wählen können. außerdem sind Kooperationsgewinne nur dann möglich, wenn es nicht nur um die Verteilung einer Ressource geht und dafür benötigt man eben verschiedene Pakete. Dazu aber ein anderes Mal mehr.