Ein heißes Eisen: Das Sitzungprotokoll

Viele Mediatoren übersenden den Medianden nach jeder Sitzung ein ausführliches Sitzungsprotokoll.

Dass ein Mediator für sich selbst ein Sitzungsprotokoll in welcher Form auch immer erstellt als Gedächtnisstütze, um einen kontinuierlichen Mediatonsprozess zu gewährleisten, ist selbstverständlich. Etwas anderes gilt für Protokolle der einzelnen Mediationssitzungen, die für die Konfliktpartner bestimmt sind.

Auf der einen Seite wünschen viele Medianden die Übersendung eines Protokolls der Sitzung. Auf der anderen Seite soll das Verfahren bzw. der Inhalt der einzelnen Sitzungen vertraulich sein, damit die Konfliktparteien auch in den Sitzungen offen sein können und nicht befürchten müssen, dass das, was sie in der Mediationssitzung gesagt haben vom anderen weiterverbreitet wird, sei es auch erst nach Beendigung der Mediation. Eine solche Befürchtung und die damit verbundene Zurückhaltung würde dem Mediationsprozess schaden.

Ich habe schon als Beratungsanwalt von an der Mediation Beteiligten sehr ausführliche Protokolle von Sitzungen gesehen, in denen der Verlauf der Sitzung sehr detailliert wiedergegeben wurde. Wenn die Medianden nicht ausdrücklich darauf bestehen (und die damit verbundene Arbeit auch bezahlen), würde ich ein derartiges ausführliches Protokoll auf keinen Fall erstellen. Die Gefahr des Missbrauchs wäre mir zu hoch. Man darf nicht vergessen, dass eine Mediation (aus welchen Gründen auch immer) scheitern kann und dann möglicherweise derartige Protokolle benutzt werden – auch wenn in der Mediationsvereinbarung festgehalten ist, dass sämtliche in der Mediation erlangten Erkenntnisse und Unterlagen nicht an Dritte weitergegeben werden dürfen. Dies würde letztlich nicht unbesehen zur Unverwertbarkeit der Unterlagen in einem nachfolgenden Gerichtsverfahren führen. Dies gilt um so mehr, als keine Partei verhindert ist, entsprechende Informationen vorzutragen. Ob ein Beweisverwertungsverbot aufgrund Parteivereinbarung letztlich greift, ist durchaus streitig.

Wenn überhaupt halte ich daher reine Ergebnisprotokolle für richtig, in denen allenfalls die Punkte konkret wiedergegeben sind, über die sich die Konfliktpartner (eventuell vorbehaltlich eine fachkundigen Beratung) einig geworden sind. Wir machen das in der Regel in der Form einer Mind-Map, in der die noch offenen Punkte und die Punkte, über die sich die Parteien geeinigt haben, nur stichwortartig aufgeführt sind. So haben die Parteien einen Anhaltspunkt darüber, wo sie im aktuellen Mediationsprozess stehen, ohne dass man zuviel aus dem Mediationsverfahren preisgibt. Zudem ist die Mindmap am Ende eine gute Gliederungshilfe für eine Abschlussvereinbarung zwischen den Medianden.

Externer Mediator für interne Konflikte?

Auch wenn ein Unternehmen über ein Konfliktmanagamentsystem mit innerbetrieblichen Mediatoren verfügt, können diese nicht in jedem Konflikt eingesetzt werden. Dann muss ein externer Mediator her.

Betriebsinterne Mediatoren sind das ungeeignete Mittel der Wahl, wenn es um Konflikte in der obersten Führungsebene des Unternehmens geht, z.B. im Vorstand, der Geschäftsführung oder unter den Gesellschaftern. Die Unternehmensführung wir kaum einen Mitarbeiter als Mediator akzeptieren, der im Rahmen der Mediation die Konflikthintergründe, Bedürfnisse und Ziele der Führungsebene im Einzelnen informiert wird. In diesen Fällen ist es sinnvoll, sich eines externen Mediators zu bedienen. Hier ist eher eine allseitige Akzeptanz durch die Konfliktbeteiligten zu erwarten, als wenn ein Mitarbeiter einer niedrigeren Hierarchiestufe als Mediator eingesetzt werden soll (auch wenn das an sich nicht unmöglich sein sollte).

Generell ist davon auszugehen, dass der (innerbetriebliche) Mediator entweder auf der gleichen oder einer höheren Hierarchiestufe stehen sollte, wenn er einen Konflikt bearbeiten soll. Wenn es sich um Konflikte zwischen Angehörigen verschiedener Hierarchieebenen handelt, muss ein Mediator seine Neutralität glaubhaft machen, wenn er selbst Angehöriger einer der Ebenen ist.

Durchaus denkbar ist auch, dass ein Vorgesetzter als Mediator bei Konflikten zwischen zwei ihm unterstellten Menschen tätig wird. In einem solchen Fall muss der Vorgesetzte aber auf jeden Fall auf Rollenklarheit achten. Dies bedeutet, dass er zwischen den Rollen als Vorgesetzter und Mediator trennen und den Beteiligten diese Trennung auch klar machen muss. Letztlich ist dies aber schwierig, da der Vorgesetzte bei Scheitern der Mediation dann eine Entscheidung treffen muss, was ein Mediator nicht tut.

Gleich ob externer oder betriebsinterner Mediator, ein funktionierendes Konfliktmanagementsystem ist geeignet, die Konfliktkosten, die nach der Studie der Wirtschaftskammer Wien ca. 19 % der Kosten ausmachen, in erheblichem Umfang zu senken und damit die Produktivität des Unternehmens zu stärken.

Manipulative Verhandlungsmethoden

Bewusst oder auch unbewusst werden von den Beteiligten in Verhandlungssituationen und in der Mediation immer wieder manipulative Techniken angewandt. Hierauf muss der Mediator oder bei einer moderierten Verhandlung der Mediator reagieren.

Die Manipulationstecniken beruhen im wesentlichen auf der Ausnutzung sozialer Verhaltensprogramme beim Verhandlungspartner. Fritjof Haft ( Verhandlung und Mediation: Die Alternative zum Rechtsstreit ) nennt hier vor allem die Programme „Harmonie“, „Gegenseitigkeit“, „Sympathie“, „Knappheit“, „Beständigkeit“ und „Kontrast“, wobei diese Programme zusammentreffen können und der Effekt hierdurch noch verstärkt wird.

Das Harmonieprogrramm lässt uns Konflikte vermeiden. Aus diesem Grund können wir schlecht „Nein“ sagen, wenn eine Bitte an uns gerichtet wird. In Basarsituationen wird dies ausgenutzt, dem potentiellen Käufer ein Angebot zu entlocken, nachdem der Verkäufer sein Angebot genannt hat. Andernfalls müsste man ja „Nein“ sagen.

Das Gegenseitigkeitsprogramm sagt uns, dass Geschenke zu erwidern sind. Dies nutzen Verhandler aus, indem sie Scheingeschenke verteilen, um dann echte Gegenleistungen zu erhalten. Typisch bei der Basarverhandlung: Erst wird ein völlig überhöhter Preis verlangt und dann ein Scheingeschenk gemacht, indem ein wenig nachgegeben wird. Der Kaufinterssent wird daraufhin sein Angebot erhöhen. Ähnlich funktioniert es auch, wenn erst um etwas überwältigend Großes gebeten wird, von dem klar ist, dass man es nicht bekommt. Nach der Ablehnung bittet man um ein angeblich kleines Zugeständnis, das der andere dann nicht ablehnen kann und wird.

Bei dem Sympathieprogramm bemühen sich die Manipulateure als Freunde ihrer Opfer zu erscheinen, da sympathische Leute es ja gut mit uns meinen. Wir alle kennen die Vertreter, die erst über alles andere mit uns sprechen, nur nicht über ihr Anliegen, um so eine Beziehung zu schaffen, die es unmöglich macht, ihre Bitten abzulehnen.

Das Knappheitsprogramm lehrt uns, dass knappe Güter wertvoll sind. Aus der Werbung ist uns bekannt, dass Angebote künstlich verknappt werden („Nur noch heute“).

Das Kontrastprogramm bewirkt, dass der erreichte Kompromiss an der (willkürlich überzogenen) Anfangsposition des anderen gemessen wird. Ein Ergebnis von 500 € erscheint bei einer Anfangsforderung von 1.500 € als angemessen, auch wenn das Ergebnis objektiv gemessen zu hoch ist. Tests haben daher ergeben, dass beim Basarverhandeln deshalb derjenige, der hoch anfängt zu verhandeln, ein besseres Ergebnis erzielt, als derjenige, der realitätsnäher zu verhandeln beginnt. Allerdings hat derjenige, der hoch pokert die Gefahr, nicht ernst genommen zu werden, sofort die Verhandlung zu sprengen oder zumindest sein Gesicht zu verlieren.

Das Beständigkeitsprogramm bewirkt, dass wir berechenbar sein wollen. Typischerweise wird dieses Programm dadurch ausgenutzt, dass ein geschickter Verhandler uns immer wieder Fragen stellt, die wir bejahen, bis er uns dort hat, wo er uns haben will. Das Programm korrespondiert eng mit dem Harmonieprogramm.

Weiter gibt es noch das Programm „Autorität“. Autoritäten sind immer glaubhaft. Alle Rechtsanwälte kennen das, dass ein Hinweis auf die herrschende Rechtsprechung (=alles Autoritäten) der eigenen Argumentation Nachdruck verleihen kann.

Wie geht ein Mediator/Moderator mit diesem manipulativen Verhalten eines Konflikt-/Verhandlungspartners um? Zunächst einmal wird er Metakommunikation hierüber betreiben, wenn er feststellt, dass ein Beteiligter manipulieren will. Zudem wird der Mediator/Moderator durch eine geeignete Strukturierung vermeiden, dass es überhaupt zur intuitiven (Basar-)Verhandlung kommt. Insbesondere wird er dafür sorgen, objektive Entscheidungskriterien zu beschaffen beziehungsweise eine Einigung über die objektiven Entscheidungskriterien herbeizuführen.

Phasen der Mediation: Die Konflikterhellung

Die Dritte Phase der Mediation ist die Phase der Konflikterhellung.

 

Inhalt und Bedeutung der Konflikterhellung

 

In der Konflikterhellung geht es darum, Gefühle, Bedürfnisse, Interessen und alle anderen wichtigen Hintergründe des Problems deutlich zu machen. Das Erhellen des Konflikts dient der Selbstklärung der Betroffenen und dem tieferen Verständnis des Konflikts für die Beteiligten und den Mediator.

 

Was offen als Konflikt in Erscheinung tritt, ist mit der Spitze eines Eisbergs vergleichbar. Oft steht ein Bündel von Hintergründen hinter dem sichtbaren Teil des Streits. Ohne deren Bearbeitung und Lösung schwelt der Konflikt weiter und flackert immer wieder auf.

 

Durch die Konflikterhellung gelingt es, von den Positionen wegzukommen zu den Interessen der Beteiligten. Die normale Art, einen Konflikt auszutragen oder Ansprüche durchzusetzen, ist die, dass dei Beteiligten Geschichten erzählen, die belegen sollen, warum die eigene Position richtig ist. Gelingt es aber, die hinter den Positionen stehenden Interessen herauszuarbeiten, ist der Weg für eine einvernehmliche Lösung frei geworden.

 

Die Phase der Konflikterhellung ist daher für das Gelingen einer Mediation entscheidend und zeichnet die Mediation aus.

 

Die Rolle des Mediators in der Phase der Konflikterhellung

 

Die Aufgabe des Mediators in der Konflikterhellung besteht darin, durch gezielte Fragen und die Anwendung bestimmter Kommunikationstechniken den Beteiligten zu helfen, ihr eigenes Konfliktverhalten besser zu verstehen und den Standpunkt des Gegners zu erkennen und auch, wenn er nicht geteilt wird, anzuerkennen, dass er die subjektive Wirklichkeit des Konfliktpartners darstellt.

 

So stellt der Mediator schrittweise die Kommunikation zwischen den Kontrahenten wieder her.

 

Wenn ein gewisses Verständnis für die Motive und Bedürfnisse des Gegner erreicht ist, ist eine Grundlage entstanden, um die Diskussion auf die Problemlösung zu lenken.

 

Damit ist die Voraussetzung geschaffen für die nächste Phase der Mediation, die Konfliktlösung.

Phasen der Mediation: Die Konfliktdarstellung

Am Ende des bereits dargestellten Einleitungsgesprächs werden üblicherweise bereits die in der Mediation zu bearbeitenden Themen gesammelt und in eine Reihenfolge gebracht, in der die Themen bearbeitet werden sollen.

Es folgt nun die Phase der Konfliktdarstellung. Die Konfliktbeteiligten erhalten nun die Gelegenheit, den Konflikt, ihre Ziele und Wünsche und Postionen ungestört von dem oder den anderen Konfliktbeteiligten aus ihrer Sicht darzustellen. Häufig kommt es in dieser Phase noch vor, dass der Mediator Deeskalationsstrategien anwenden und auf die vereinbarten Gesprächsregeln verweisen muss.

Gerade in Trennungs- und Scheidungsmediationen erleben die Konfliktbeteiligten zum ersten mal seit langem, dass sie ihren Standpunkt ohne Unterbrechung ausführen können. Erstmals hören sie sich gegenseitig und sinnerfassend zu. Oft nehmen sie auch mit Erstaunen wahr, dass die Gegenseite einen ernstzunehmenden und diskussionswürdigen Standpunkt hat.

Aufgabe des Mediators ist in dieser Phase vor allem, dafür zu sorgen, dass sich die Beteiligten nicht gegenseitig unterbrechen sondern jeder die Gelegenheit erhält, seine Ausführungen ungestört zu beenden. Üblicherweise haben gerade in Familienmediationen die Beteiligten eine ausgeprägte Streitkultur, bei der es nur einiger weniger Stichwörter bedarf, um die Streitdynamik in Gang zu setzen oder sie zu beschleunigen. Dadurch, dass in dieser Phase der Mediation üblicherweise der Gesprächsfluss noch über den Mediator läuft und auch jeder Beteiligte gezwungen ist, dem anderen zuzuhören, wird diese Streitdynamik gestoppt.

Der Mediator achtet darauf, dass jeder ausreichend zu Wort kommt, um seine Sichtweise und Gefühle vollständig vorzutragen. Die Konfliktbeteiligten sollen ungefähr ausgewocgene Zeitanteile haben, wobei es nicht darauf ankommt, die Redebeiträge mit der Stoppuhr festzuhalten. Der Mediator und der jeweils andere Konfliktbeteiligte kann Verständnisfragen stellen, wobei der Mediator darauf achtet, dass durch die Fragen des anderen Konfliktbeteiligten zunächst noch keine inhaltliche Diskussion stattfindet. Es kommt nur darauf an, dass jeder seine Ansichten darstellen kann.

Weiterhin fasst der Mediator die jeweiligen Standpunkte zusammen und visualisiert sie auf der Moderationstafel oder dem Flipchart.

Diese und die folgenden Phasen Konflikterhellung und die Lösungsphase werden für jedes Konfliktthema durchlaufen, bis alle Themen abgearbeitet sind und eine Gesamtvereinbarung steht.