Das geht auch schneller

Man muss sich mal gelegentlich die Justizstatistiken des Statistischen Bundesamtes zu Gemüte führen, die man hier findet. Demnach dauert ein Zivilverfahren vor einem Amtsgericht durchschnittlich 4,7 Monate (2012) und bei streitigem Urteil sogar 6,4 Monate. Im Saarland arbeitet man noch etwas langsamer. Da dauert ein Verfahren 5,5 Monate und bei streitigem Urteil 9,2 Monate. Also es vergeht mindestens ein halbes bis dreiviertel Jahr ehe man ein erstinstanzliches Urteil in Händen hält.

Bei erstinstanzlichen Verfahren vor den Landgerichten benötigt man im Schnitt 8,3 Monate bzw. bei streitigem Urteil 13,6 Monate (im Saarland 9,7/15,3 Monate). Also mindestens ein Jahr muss ein Prozessbeteiligter warten, ehe er ein Urteil in Händen hält.

Schlimmer wird es, wenn man in Berufung geht. Dann dauert es insgesamt (mit der ersten Instanz) vor dem Landgericht 17,5 bzw. streitig 20,5 Monate (Saarland 20,6/22,4 Monate). Auf ein Berufungsurteil vor dem OLG mus man ab Klageerhebung 25,5 Monate bzw. in streitigen Urteilsverfahren 29,5 Monate warten, im Saarland 31 bzw. 35 Monate.

Es dauert also ganz schön lang, bis ein Urteil einen Konflikt entscheidet (aber ind er Regel nicht befriedet), zumal dem ganzen ja noch außergerichtlicher Schriftverkehr vorausgegangen ist, den man sicherlich mit mindestens 2 Monaten noch draufsatteln muss. Abgesehen von allen anderen Vorteilen kann Mediation auch in dieser Hinsicht punkten. Ein Mediationsverfahren wird keinesfalls so lange dauern. Je nach Komplexität oder Anzahl der Streitpunkte ist zwar auch ein Mediationsverfahren nicht in ein oder zwei Sitzungen erledigt. Aber die Parteien haben es weitgehend selbst in der Hand, wie lang eine Mediation sich hinzieht. Hier gibt es keine vom Gericht gesetzten oder vom Gesetz vorgeschriebene Fristen. Man ist daher in aller Regel viel schneller bei einem Ergebnis, das zudem noch befriedigender ist als eine von einem Dritten getroffene Entscheidung. Auch dies sollten Rechtsanwälte ihren Mandanten erklären, wenn sie mit ihnen besprechen, wie man weiter vorgehen will (sofern in einem solchen Gespräch Mediation überhaupt eine Rolle spielt).

Zu kurz gesprungen?

Im Rahmen des Gesetzes zur Förderung der Mediation und anderer Verfahren der außergerichtlichen Konfliktbeilegung wurde Mitte 2012 auch der § 253 Abs. 3 ZPO wie folgt ergänzt: „(3) Die Klageschrift soll ferner enthalten:
1. die Angabe, ob der Klageerhebung der Versuch einer Mediation oder eines anderen Verfahrens der außergerichtlichen Konfliktbeilegung vorausgegangen ist, sowie eine Äußerung dazu, ob einem solchen Verfahren Gründe  entgegenstehen;

Im Regierungsentwurf ist zur Begründung hierzu ausgeführt: „Die Neufassung des § 253 Absatz 3 ZPO dient dem Ziel, die Mediation und die außergerichtliche  Konfliktbeilegung  stärker  im  Bewusstsein der  Bevölkerung  und  in  der  Beratungspraxis  der  Rechtsanwaltschaft  zu  verankern.  Dementsprechend  hat  der  67.  DJT 2008 beschlossen, dass die in der Rechtspflege tätigen Berufsangehörigen über das gesamte  Spektrum  der  verfügbaren  Konfliktlösungsverfahren  im  konkreten  Einzelfall  informieren  sollen  (vgl.  Verhandlungen  des  67.  DJT  2008, Abteilung  Mediation,  Beschluss A. 4.).  Spätestens  beim  Abfassen  der  Klageschrift  sollen  sich  die  Parteien  und  deren Rechtsanwältinnen  und  Rechtsanwälte  daher  mit  der  Frage  auseinandersetzen,  ob  und wie sie den der beabsichtigten Klageerhebung zugrundeliegenden Konflikt außergerichtlich beilegen können. Dies soll dem Gericht in der  Klageschrift mitgeteilt werden. § 253 Absatz 3 Nummer 1 ZPO betont damit die ohnehin nach§ 1 Absatz 3 BORA bestehende Verpflichtung der Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte, ihre Mandantschaft konfliktvermeidend und streitschlichtend zu begleiten.

Demnach soll also der eingefügte Absatz bzw. die Mitteilungspflicht in der Klageschrift allein dazu dienen, die Rechtsanwälte und die Parteien dazu anzuhalten, sich über alternative Streiterledigungsverfahren Gedanken zu machen. Ich habe so meine Zweifel, ob dieser Gesetzeszweck auch nur annähernd erreicht wird. Wenn überhaupt wird diese Angabe formularmäßig in die Klageschrift aufgenommen. Ernsthafte Diskussionen zwischen Mandanten und ihren Anwälten über die richtige bzw. zweckdienliche Form der Konfliktbeilegung finden wohl in der Praxis nur selten statt.

Die zweite Adressatengruppe hat der Gesetzgeber offenbar vollkommen vergessen: die Richter. Auch sie sollten bei jeder Klageschrift eigentlich überprüfen, ob die Parteien Mediation oder andere Formen der außergerichtlichen Konflikterledigung versucht oder in Betracht gezogen haben. Wenn sie merken, dass dies nciht der Fall ist, könnten die Richter die Parteien anregen, Mediation zunächst einmal zu versuchen. Hierzu gibt ihnen § 278 a ZPO die Handhabe. Leider steht  nichts in der Gesetzesbegründung dazu, dass die Richter die in die Klageschrift aufzunehmenden Angaben zur Mediation auch wirklich überprüfen sollten und Konsequenzen aus den Angaben ziehen sollten.

Damit hat das Gesetz eines seiner Ziele, nämlich letztlich auch die Justiz zu entlasten, völlig verfehlt. Richter schauen gar nicht in die Klageschrift, ob eine Mediation oder eine andere Form der außergerichtlichen Streitbeilegung versucht worden ist und machen sich noch weniger Gedanken darüber, ob es nicht sinnvoll wäre, eine Mediation im konkreten Fall anzuregen. Statt dessen wird fleißig verhandelt, Beweise erhoben und Urteile geschrieben, die letztlich den Konflikt entscheiden aber nicht beilegen.

Was auch fehlt, ist eine wirkliche Unterrichtung der Richter darüber, was Mediation zu leisten im Stande ist. Auch das hält die Richter davon ab, Mediation zu empfehlen und ihnen fehlen auch die guten Argumente, den Parteien und ihren Anwälten Mediation schmackhaft zu machen.

Was bleibt, ist das Fazit, dass der Gesetzgeber hier einfach zu kurz gesprungen ist.

Wissen Sie eigentlich, was in § 253 ZPO steht?

Diese Frage könnte man den Rechtsanwälten, den Richtern und den Parteien des Zivilprozesses stellen. Die Antworten auch der Juristen wären unvollständig. Seit Ende Juli 2012 wurde § 253 Abs. 3 ZPO nämlich geändert. Seitdem muss nämlich die Klageschrift auch enthalten: „die Angabe, ob der Klageerhebung der Versuch einer Mediation oder eines anderen Verfahrens der außergerichtlichen Konfliktbeilegung vorausgegangen ist, sowie eine Äußerung dazu, ob einem solchen Verfahren Gründe entgegenstehen“.

Was ist seitdem passiert? Nur in den wenigsten Fällen wird diese Angabe ernst genommen. Sofern sie überhaupt in der Klageschrift auftaucht, wird sie oft mit einem Textbaustein abgetan.

Leider ist diese Vorschrift auch vielen Richtern unbekannt oder wird auch von diesen nicht ernst genommen, sonst müsste eine Klageschrift ohne nachvollziehbare Angabe zu diesem Punkt beanstandet werden.

Diese Angabe in der Klageschrift setzt aber zuerst und vor allem voraus, dass die befassten Rechtsanwälte zum einen wissen, was Mediation wirklich ist (eben mehr als das übliche anwaltliche distributive Verhandeln), sie müssten ihre Mandanten darüber auch hinreichend aufgeklärt haben und diskutiert haben, ob eine Mediation nicht in der Tat versucht werden sollte.

Hierzu sind die Anwälte auch standesrechtlich verpflichtet (§ 1 BORA: „Der Anwalt hat seine Mandanten …. konfliktvermeidend und streitschlichtend zu begleiten.“). Das bedeutet auch, dass ein Rechtsanwalt, der seinen Mandanten vor Klageerhebung nicht ausreichend über Mediation und andere außergerichtliche Konfliktbeilegungsverfahren aufklärt und unterrichtet, sich möglicherweise sogar Schadensersatzpflichtig macht.

Demnach reicht es eben nicht nur aus, einmal § 253 Abs. 3 ZPO zu lesen, man ist auch verpflichtet, sich über Mediation und andere Verfahren der Konfliktbeilegung ausreichend zu informieren, damit man die Mandanten angemessen beraten kann. Leider sehen sich einige Rechtsanwälte ausschließlich als Juristen, die die Ansprüche ihrer Mandanten ausschließlich auf juristischen Weg durchsetzen und für die das außergerichtliche Aufforderungsschreiben allenfalls den Zweck hat, den Mandanten vor einer nachteiligen Kotenentscheidung im Falle des sofortigen Anerkenntnisses im Prozess zu schützen. Wer so vorgeht, hat das heutige Berufsbild des Anwaltes noch nicht verstanden.

Mediation und Klageerwiderungsfrist

Was passiert mit den gerichtlich gesetzten Fristen, wenn auf Vorschlag des Gerichts der Rechtsstreit im Wegeeines Mediationsverfahrens geklärt werden soll? Einen solche Fragestellung musste das Oberlandesgericht Oldenburg in einem Urteil vom 21.02.2008 (Aktenzeichen 8 U 186/07) , also lange vor Inkrafttreten des Mediationsgesetzes, klären.

In einem Rechtsstreit hatte das Landgericht Osnabrück nach Klageeingang auf die Möglichkeit der gerichtsinternen Mediation hingewiesen. Die Klägerseite hatte sich daraufhin mit der Mediation einverstanden erklärt. Auch die Beklagtenseite war mit einer Mediation einverstanden, beantragte im Hinblick hierauf das Ruhen des Verfahrens und um Verlängerung der Klageerwiderugnsfrist um 10 Tage. Daraufhin wurde das Ruhen des Verfahrens für die Dauer des Mediationsverfahrens angeordnet und die Akten der Mediationsabteilung des Landgerichts übersandt. Nachdem die Mediation in einem Mediationstermin erfolglos blieb, sandte der Mediationsrichter die Akten mit einem Vermerk an die erkennende Kammer zurück mit dem Vermerk, dass die Mediation nicht erfolgreich war. Das war am 25.04.2007. Am 14.05.2007 fragte das Gericht an, ob zwischen den Parteien noch Vergleichsgespräche stattfänden. Dies verneinten die Klägervertreter mit Schriftsatz vom 29.05.2007 und beantragten am 15.06.2007 die Fortsetzung des Verfahrens. Am gleichen Tag bestimmte das Gericht einen Termin zur Güteverhandlung und gegebenenfalls im Anschluss daran zur mündlichen Verhandlung auf den 11.07.2006. Gleichzeitig wies das Gericht darauf hin, dass eine Klageerwiderung noch nicht vorliege, obwohl das Mediationsverfahren und damit das Ruhen des Verfahrens spätestens seit dem 25.04.2007 beendet gewesen sei und die Beklagten auf die Verfügung vom 14.05.2007 nicht reagiert hätten. Diese Verfügung ging den Prozessbevollmächtigten der Beklagten am 19.06.2007 zu.

Die Beklagten haben daraufhin mit Schriftsatz vom 06.07.2007, der beim Landgericht am 09.07.2007 eingegangen ist, einmal beantragt, den Termin zur mündlichen Verhandlung vom 11.07.2007 aufzuheben und einen neuen Termin zur mündlichen Verhandlung anzuberaumen, und zum anderen auf die Klage erwidert.

Das Landgericht hat dann die Beklagten aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 11.07.2007 vollumfänglich verurteilt und ausgeführt, dass der Sachvortrag der Beklagten wegen Verspätung nicht zu berücksichtigen sei und auch der Terminsverlegungsantrag verspätet gewesen sei.

Auf die Berufung der Beklagten hin hat das Oberlandesgericht das Urteil aufgehoben und den Rechtsstreit zur erneuten Verhandlung an das Landgericht zurückverwiesen.

Hierbei geht der Senat davon aus, dass im Falle des Ruhens des Verfahrens für die Dauer des Mediationsverfahrens die Wiederaufnahme des Verfahrens ausdrücklich hätte beschlossen werden müssen. Da für ein Mediationsverfahren kein verfahrensrechtlich zweifelsfrei feststellbarer Endtermin besteht, bedarf es eines Beschlusses. Dieses Beschlusses über die Wiederaufnahme bedarf es nur dann nicht, wenn das Verfahren für eine kalendarisch bestimmte Zeit zum Ruhen gebracht wird oder für ein vorgreifliches Verfahren, das verfahrensrechtlich geregelt ist.

Eine (konkludente) Entscheidung über die Wiederaufnahme des Verfahrens könnte allenfalls in der Terminsbestimmung liegen. Dann war aber die Klageerwiderugnsfrist noch nicht abgelaufen, als diese bei Gericht einging.

Offensichtlich hatte sich der Richter beim Landgericht hier die Arbeit etwas zu einfach machen wollen. Demnach bedarf es bei Anordnung des Ruhens des Verfahrens (heute gemäß § 278 a Abs. 2 ZPO) für die Dauer eines Mediationsverfahrens eines klaren Beschlusses, dass das Verfahren wieder aufgenommen wird, damit Fristen wieder zu laufen beginnen. Dies gilt auch für die Rechtslage nach Inkrafttreten des Mediationsgesetzes.