Bei unserem Mediatorinnen und Mediatorenstammtisch kam gestern die Frage auf, ob oder wie weit die Rechtsberatung durch einen Mediator in der Mediation gehen kann bzw. ob ein extern beigezogener Rechtsanwalt die Medianden beraten kann oder ob er sich der Vertretung widerstreitender Interessen vorwerfen lassen muss.
Grundsätzlich soltle (und muss) sich die Mediatorin oder der Mediator einer rechtlichen Bewertung enthalten (auch wenn er juristisch gebildeter Mediator ist). Dies ergibt sich zum einen daraus, dass der Mediator neutral und allparteilich ist. Der Hintergedanke mancher Medianden bei der Wahl eines Anwaltsmediators mag sein, die Kosten eines zusätzlichen Beratungsanwalts zu sparen. Dieses Ziel wird der Mediand mit Sicherheit verfehlen, da ein Mediator auf keinen Fall eine den Medianden im einzelnen rechtlich beraten kann. Vorstellbar sind allenfalls allgemeine Hinweise auf das Recht, wobei es sicherlich schwer ist, hier die genaue Grenze zur Einzelfallberatung zu ziehen. So kann eine Mediatorin die allgemeinen Grundsätze des Zugewinnausgleichs in einer Trennungs- und Scheidungsmediation erklären, nicht aber eine Bewertung im individuellen Fall vornehmen.
Eine Mediatorin hatte bei ihrer Ausbildung – so erzählte sie am Stammtisch – in einem durchaus namhaften Ausbildungsinstitut gelernt, dass man rechtlich beraten könne, solange keine Handlungsanweisungen gegeben würden. -?- Für mich geht das zu weit in die Einzelfallberatung. Letztlich muss man nach dem mediationsgesetz unterscheiden. Es gibt die evaluative Mediation, die durchaus Bewertungen zulässt. Trossen (in Mediation (un)geregelt, Seite 94) zieht die Grenze dort, wo sich das Kommunikationsmodell dahin ändert, dass die Parteien versuchen, den Mediator in ihrem Sinne zu beeinflussen.
Der Gesetzgeber selbst hat aus diesem Grund die Verpflichtung des Mediators geschaffen, die Parteien auf eine externe Beratung hinzuweisen (§ 2 Abs. 6 MediationsG).
Viele Mediatorinnen und Mediatoren haben natürlich die Befürchtung, dass bei einer externen juristischen Beratung die Medianden vom Weg der Mediation abgebracht und zu einem Prozess gedrängt werden (was durchaus vorkommt) oder aber Begehrlichkeiten geweckt und deren Realisation vor Gericht als wahrscheinlich dargestellt werden, was die Mediation erschwert. Im ersten Fall ist es Aufgabe des Mediators die Medianden darauf hinzuweisen, dass sie Herr (oder Frau) des Verfahrens sind und ein Anwalt allenfalls eine Empfehlung aussprechen darf. Im zweiten Fall ist es sinnvoll, die Anwälte mit in die Mediation einzubinden und mit ihnen eine Prozessrisikoanalyse zu erarbeiten. Das hat auch den Vorteil, dass die Anwälte das Mediationsverfahren einmal in der Praxis kennenlernen und ihre Furcht davor verlieren.
Die andere Frage, die eher standesrechtlicher Natur ist, ist die, inwieweit sich eine Anwältin oder ein Anwalt die Vertretung widerstreitender Interessen vorwerfen lassen muss, wenn er (als einziger Anwalt) zum Zweck der Klärung rechtlicher Fragen zur Mediation hinzugezogen wird. Das mag sicherlich angehen, soweit es um die allgemeine und nicht einzelfallbezogene Darstellung der Rechtslage geht. Ob das den Parteien letztlich viel nützt, wage ich zu bezweifeln. Darüber hinaus darf aber ein Anwalt nicht die Medianden einzeln beraten und deren Vorbringen rechtlich würdigen. Dies stellt meiner Meinung nach einen klaren Verstoß gegen Standesrecht dar. Auch hier sparen die Medianden ja letztlich kein Geld, weil sie vor der Abschlussvereinbarung ohnehin einen Beratungsanwalt aufsuchen sollten.