Kürzlich habe ich in diesem Blog über ein Urteil des Bundesgerichtshofs zum Betreuungsunterhalt geschrieben (Urteil des BGH vom 06.05.2009 Aktenzeichen XII ZR 114/08). Dieses Urteil ist, wenn man vor allem die dort enthaltenen Ausführungen zur Frage der Verwirkung des Unterhaltsanspruchs nach § 1579 BGB liest, ein einziges Plädoyer für Familienmediation bzw. Konfliktcoaching für Trennungskonflikte.
Die Parteien dieses Rechtsstreits hatten im Juli 1989 geheiratet. Im Februar 1994 und April 1996 wurden die beiden Söhne geboren. Die Eheleute trennten sich zum Jahreswechsel 2002/2003. Im Juni 2004 wurde die Ehe rechtskräftig geschieden.
Offensichtlich beharkten sich die Eheleute auf allen Ebenen in der Zwischenzeit. Das Unterhaltsverfahren wurde – wie aus dem Aktenzeichen des Amtsgerichts Villingen-Schwenningen ersichtlich – 2005 eingeleitet. Das erstinstanzliche Urteil erging am 20.01.2005. Das Oberlandesgericht Karlsruhe in Freiburg entschied am 30.06.2008 über die Berufung. Insgesamt dauerte dann das Unterhaltsverfahren allein bisher circa 5 Jahre.
Aus dem Urteil des BGH ist ersichtlich, dass die Ehefrau eine Beförderung des Ehemanns zum (besser dotierten) Verwaltungsdirektor verhinderte, weil sie das Gehalt des Ehemanns pfänden ließ, obwohl dieser zuvor zugesichert hatte, den pfändbaren Teil seines Einkommens abzuführen. Ferner erstattete die Ehefrau Strafanzeigen gegen den Ehemann wegen falscher eidesstattlicher Versicherung, Vollstreckungsvereitelung und Unterhaltspflichtverletzung. Die Strafanzeigen wurden gemäß § 153 StPO wegen geringer Schuld eingestellt. Die Prozessbevollmächtigte der Ehefrau schrieb auch einen Brief an den Dienstvorgesetzten des Ehemanns, der zumindest Beleidigungen und üble Nachreden enthielt. Der Prozessbevollmächtigte des Ehemanns schrieb die Mitarbeiter der krankengymnastischen Gemeinschaftspraxis an, in der die Ehefrau teilzeitbeschäftigt war, und stellte dort die Glaubwürdigkeit der Ehefrau in Frage. Also ein netter Rosenkrieg!
Es ist unschwer vorzustellen, in welchem Maße sich das Verhältnis zwischen den ehemaligen Eheleuten im Rahmen dieser Streitigkeiten negativ weiterentwickelt hat. Die wirklich leidtragenden dieses fortdauernden Konflikts sind mit Sicherheit die beiden heute 15 und 13 Jahre alten Söhne der Eheleute. Auch das Ergebnis des Prozesses wird sicherlich zwei völlig unzufriedene Streitparteien zurücklassen, der Ehemann, weil er weiterhin Unterhalt an seine Exfrau zahlen muss, die Ehefrau, weil sich der ausgeurteilte Unterhalt mittlerweile verringert hat. Und – der Rechtsstreits ist immer noch nicht zu Ende, da der BGH den Rechtsstreit an das Oberlandesgericht zurückverwiesen hat, das nun erneut über den Unterhalt zu entscheiden hat.
Ich halte das Kostenargument immer für das schlechteste Argument zugunsten einer Familienmediation. Hier drängt sich aber auf, dass statt einer in der Mediation möglichen win-win-Lösung das Gegenteil bereits in Kostenhinsicht ergibt. Egal, was letztlich herauskommt, finanziell hat sich der Rechtsstreit sicherlich für beide Parteien nicht gelohnt.
Viel wichtiger ist aber, dass wohl im Rahmen dieser Auseinandersetzung die letzten Gemeinsamkeiten zwischen den Eheleuten zerdeppert wurden. Wie wollen diese Eheleute denn noch im Interesse ihrer beiden Kindern zusammenwirken, wie es das gemeinsame Sorgerecht vorsieht. Untersuchungen an Trennungswaisen haben klar ergeben, dass die negativen Folgen für die Psyche der Kinder dann am geringsten sind, wenn die Eltern es schaffen, ihren Paarkonflikt von ihrer Elternrolle zu trennen, ein Schritt, den nur die wenigsten im Rahmen einer streitigen rechtshängigen Auseinandersetzung schaffen. Auch kommt dazu, dass die Eltern es fertig bringen, ihren Kindern dann auch das Gefühl zu vermitteln, dass es ihnen erlaubt ist, ein gutes Verhältnis auch zum anderen Elternteil zu unterhalten.
Alle diese Gefahren können (müssen natürlich nicht, da nicht jede Mediation erfolgreich zu Ende geht) im Rahmen einer Mediation vermieden werden. Allein die Tatsache, dass man sich von Angesicht zu Angesicht gegenüber (oder nebeneinander) sitzt und sich selbst die Argumente mitteilen muss, führt zu einer anderen Art der Konfliktaustragung, als wenn die Eheleute ihre jeweiligen Prozessbevollmächtigten als Keule missbrauchen und damit anonymisiert auf den Partner einschlagen. Es ist oft für die Ehe(nichtmehr)partner eine neue Erfahrung, wenn der andere Teil des Ex-Paares einmal zuhört und die Argumente tatsächlich zur Kenntnis nimmt, wenn einmal nicht nur Forderungen und Positionen vorgebracht werden, sondern auch einmal die dahinter stehenden Interessen. Gerade in Unterhaltsfragen ist es interessant, einmal festzustellen, wohin das Geld geht, das der unterhaltspflichtige Teil zahlt. Vielfach stellen die Ex-Partner dann fest, dass beide nicht genügend Geld haben, um die notwendigen und nicht luxuriösen Ausgaben zu bestreiten. Wenn dann am Ende zwar keine partnerschaftlichen Gefühle aber wenigstens gegenseitiges Verständnis stehen, dann hat sich die Mediation nicht nur für die Ex-Partner sondern vor allem für die Kinder gelohnt.
Sollte der andere Partner zu einer Mediation nicht bereit sein oder der Konflikt für eine Mediation nicht geeignet sein, besteht auch die Möglichkeit, sich eines Konfliktcoaches zu bedienen, die den Konfliktbeteiligten im Verlauf des Konflikts begleitet und hilft, eine ausgeglichene und vernünftige Konfliktlösung zu erreichen. Denn: Emotionen sind der schlechteste Berater im Konfliktmanagement!
Da gibt es auch einen interessanten Artikel von Ihrer Kollegin Rechtsanwältin Valeska Sommer, den ich kürzlich hierzu gefunden habe: http://www.alegos.de/de/rechtsgebiete/scheidung_ohne_rosenkrieg.htm Ich glaube, wenn ich mich doch noch Scheiden lassen wollte, dann von ihr. Momentan sieht es aber wieder besser aus und ich glaub immer noch an unsere Liebe.
Grüßle Johanna